Full text: Natur und Gott

244. wissenschaftl. u. relig. Naturanschauung i. d. Geschichte. 
ihrer Beglaubigung durch Wunder fest; nur soll als Offenbarung?) nichts 
gelten, was gesicherter Vernunfterkenntnis widerstreitet. 
12. Die Leibnizsche Synthese und die Ausklärung. 
Ein ungleich mehr in die Tiefe dringender und originaler Geist, 
dessen Gedanken daher auch sehr viel weniger in den Gemeinbesitz der 
aufklärung eingehen, ist Leibnizer). Da er alle Wissenschaften in sich 
vereinigt, auf den meisten Gebieten sich als selbständiger Forscher mit 
bedeutendem Erfolge betätigt hat, eine Akademie für sich, wie ihn später 
Friedrich d. Große nannte, so bildet sein Denken den Hhöhepunkt der vor⸗ 
kantischen Geistesbildung. Zugleich ist er für unsere Betrachtung von 
ganz besonderem Interesse, weil die Verbindung von Naturer kenntnis 
und Theologie geradezu als der leitende Gesichtspunkt seiner Philoso— 
phie bezeichnet werden kann. Ihn unter diesem Gesichtspunkt voll zu 
würdigen, ist eine noch längst nicht erledigte Aufgabe, die auch hier nicht 
angegriffen werden kann. Es muß uns genügen, indem wir die Grund⸗ 
züge seiner Philosophie als bekannt voraussetzen, die leitenden Gesichts⸗ 
punkte, die er für unser Problem bietet, herauszuheben. Am bequem⸗ 
sten beginnen wir mit seiner Naturphilosophie, die als Monadologie 
bekannt ist. Früh vom Aristotelismus mit seinen Entelechien zu Demo⸗ 
krits Atomismus bekehrt, aber auch durch diesen nicht befriedigt, weil 
er die Ordnung und harmonie der Welt nicht zu erklären vermag, ver⸗ 
sucht Leibniz eine Synthese beider Standpunkte, d. h. der Mechanistik mit 
der Teleologie, in der Monadenlehre zu erreichen. Bald (16066) hat er 
den Atomismus von der scholastischen Definition der Materie aus zu 
widerlegen versucht, aber auf einen neuen Boden wurde das Pro⸗ 
blem erst verpflanzt, als es ihm gelang, Descartes irrtümlichen Satz, 
daß in der Welt sich immer dasselbe Quantum von Bewegung erhalte, 
miltels der Fallgesetze in einen zutreffenden umzubilden; nicht das Be⸗ 
wegungsquantum (das Produkt aus Masse und Geschwindigkeit), wohl 
aber die lebendige Kraft oder Wirkungsgröße (action motrico) erweist 
sich (falls von der Keibung abgesehn wird) als unveränderliche 
Größe?es). Von diesem Gesetze, das Leibniz zu betonen nicht müde wird 
2906) Die Paulinischen Briefe hat er aus ihrem eigenen Sprachgebrauch zu 
interpretieren versucht. Vgl. über die Interpretationsmethoden von Grotius bis 
Wetstein. Dilthen II, 133-37. 
207) Eine Zusammenfassende Darstellung der heutigen Leibniz⸗Forschung bietet 
Dietrich Mahnke, Leibnizens Synthese von Universalmathematik und Individual⸗ 
metaphnsik. Vgl. auch Herm. Schmalenbach, Leibniz 1921. Über Leibniz als Mathe⸗ 
matiker vgl. die Rede von Axel Harnack 1887. 
2o08) Der erste Nachweis findet sich in den Acta eruditorum 1686 (Brevis 
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