Full text: Natur und Gott

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Die Entwicklungstheorie und der Monismus. 275 
sibeln Tiere und die intelligenten (sämtliche Wirbeltiere) durch Lebens— 
gefühl und Selbsterhaltungstrieb zur Abktivität befähigt; hier hat die 
anderung der Verhältnisse eine Abänderung der Bedürfnisse, somit der 
Tätigkeitsrichtung, also einen vermehrten, verminderten oder abgeän⸗ 
derten Gebrauch der Organe zur Folge. Durch die Anstrengungen des 
nnern Gefühles, dessen Impulse und Kräfte durch das Nervensystem 
den einzelnen Stellen zugeleitet werden, läßt so das Bedürfnis unmerk⸗ 
lich neue Organe entstehen. Wle etwa die Schwimmhaut der Wasservögel 
oder die langen Beine und Hälse der Strandvögel veranschaulichen, folgt 
das Organ dem Bedürfnis und der Funktion, nicht die Funktion dem 
Organ. 
Gegenüber der geologischen Katastrophentheorie Cuviers und v. 
Buchs vermochten freilich diese Gedanken nicht durchzudringen; zunächst 
mußte diese Theorie gewaltsamer Umwälzungen überwunden werden, 
und das geschah durch den Sieg der sog. Aktualitätstheorie, welche Cyell 
zum Siege führte. In seinem epochemachenden Werk über „die Prinzi⸗ 
pien der Geologie“si10) (1830 ff.) wies er nach, daß Wirkungen, welche 
alltäglich und allstündlich vor unsern Augen geschehen und an und für 
sich ganz unbeträchlich sind, durch ihre Summation im Laufe sehr langer 
zeiträume zu jeder beliebigen Größe ansteigen können und sprach sie 
als den entscheidenden Faktor der Erdveränderungen an. Aus den diffe— 
rentialen (d. i. verschwindend geringen) Wirkungen der geologischen Ein⸗ 
zelkräfte bildet (vie man später das Prinzip formuliert hat) die Zeit 
nach und nach das Integral. Durch fortgesetzle Forschungen und Be— 
stätigung bis zur Gegenwart hin ist die Theorie der langsamen Ent— 
wicklung, mit welchem sich gelegentliche abrupte Kraftäußerungen der 
in der Erdrinde wirkenden Agentien sehr wohl vereinigen lassen!ti), zu 
unbestrittener herrschaft gelangt. Ihre Voraussetzungen hat sie in der 
genauen Durchforschung der Erdoberfläche und in der systematischen Er—⸗ 
gründung des Zusammenhanges, in welchem die Schichtfolgen zu den 
eingeschlossenen fossilen Kesten stehen. Das Schema dieser Schichtungen, 
des tierischen Altertums (Paläozoikum), Mittelalters Mesozoikum) und 
der Neuzeit (Känozoikum) und ihrer Hauptabschnitte war schon um 1840 
festgestellt; wenngleich die detaillierte Gliederung noch große Aufgaben 
— no) prineiples of geology, 12. Aufl. v. Foster 1876; deutsch von R. Hart— 
mann 1841/42. Von neueren zusammenfassenden Werken seien genannt Ed. Sueß, 
Das Antlitz der Erde 1883/1901; M. Neumayr, Erdgeschichte —1886/87, 2. Aufl. 
v. Uhlig 1895. Sittel, R. A. v., Geschichte der Geologie u. Paläontologie bis Ende 
des 19. Jahrhunderts 1899. A. Penck, Morphologie d. Erdoberfläche 1894. 
411) s. Günther, Geschichte der anorganischen Naturwissenschaften 1901, 
5. 927.
	        
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