Full text: Natur und Gott

Die formalen Grundprinzipien der heutigen Phnysik. 309 
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Quantität der Bewegung, die sich gleich bleibt (wie irrtümlich Descar— 
tes annahm), aber die Kräfte werden (auch beim Zusammenstoß nicht— 
elastischer Körper) nicht zerstört, sondern nur in die Teile zerstreut, 
die in lebhafte Bewegung geraten. Indem aber Leibniz den gesamten 
Bereich der Natur der mechanischen Gesetzmäßigkeit unterworfen denkt, 
kann er den gleichen Schluß auch aus dem Gesetze von Ursache und 
Wirkung ziehen; eine Ursache kann nur diejenige Wirkung hervor⸗ 
bringen, die ihr gerade ent'pricht, keine größere und keine kleinere; es 
lkann also in der fortlaufenden Kette von Ursachen und Wirkungen, wor— 
aus das Weltgeschehen besteht, weder ein Wachstum noch eine Abnahme 
stattfinden; es ist etwas da, was konstant bleibt. Noch viel älter und als 
Quintessenz aller Erfahrung unmit'elbar einleuchtend ist der Satz: aus 
nichts wird nichts, aus dessen Umkehrung der Heilbronner Arzt J. R. 
Mayer die weittragende Erkenntnis gewinnt: nichts wird zu nichtss). 
Daraus ergibt sich ihm wie Leibniz, daß Ursache und Wirkung in ge⸗ 
wissem Umfange gleich sind (causa aequat effectum). Daher können alle 
Veränderungen in der Natur nur in der Umwandlung 
von Kräften nach bestimmten konstanten Maßverhält— 
nissen bestehen, und es gelingt ihm auch, dies Maßverhältnis (an— 
genähert) empirisch zu finden. Beweisend ist dieser Schluß nur dann, 
wenn (wie Mayer annimmt), jenes quantitativ Unzerstörbare sich nur 
in Materie und Kraft zerlegen läßt und zwischen diesen beiden ein Über— 
gang nicht stattfindet, d. h. wenn die Unveränderlichkeit der Materie 
und die Unwandelbarkeit ihrer Arten auf Grund der Erfahrung vor— 
ausgesetzt wirdie). Dann allerdings wird einleuchtend, daß die Kräfte 
sämtlich Erscheinungsformen einer und derselben Ursache sind. Genauer 
zesagt, wie die klassische Mechanik alle Massenpunkle in ideale Raum— 
runkte umwandelte, so wandelt die Energetik die realen Kräfte in ideale 
„Ursache“ oder „Energie“ um. Was der Massenpunkt oder die Energie 
an sich ist, interessiert dabei nicht; die Betrachtungsweise ist eine rein 
phänomenologische); der Wert der Umbildung liegt in beiden Fällen 
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16) Doch findet sich diese Umkehrung schon bei einem Dichter der Augustei— 
schen Seit (Persius, sat. III 84) und ist von hugo von St. Dictor im Zusammen- 
hange seiner atomistischen Auffassung der Materie geltend gemacht (vgl. Baum⸗ 
gartner-Uberweg a. a. O. s. 341 f.). 
16) In voller Strenge gilt allerdings dieser Satz, wie wir sehen werden, nicht. 
17) Phänomenologisch nennt man eine physikalische Methode, die unter Ab—⸗ 
sehen von Hypothesen über das Wesen von Stoff und Kraft (insbesondere von der 
atomistischen Auffassung) vom bloßen Erscheinungsbild des Vorganges ausgeht 
und dies darstellt. Vgl. W. Voigt, Phänomenologische u. atomistische Betrach⸗
	        
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