Full text: Natur und Gott

340 Das physikalisch⸗chemische Weltbild. 
gleich und unbeweglich bleibt“ staluiert. Sollte aber die Mechanik in der 
Elektrodynamik aufgehen und von ihr die Grundform erhalten, so muß 
anstelle dieser ganz abstrakten Größen gemäß der in der Phnysik herr⸗ 
schenden Anschauung der den Raum erfüllende und in der Lichtgeschwin⸗ 
digkeit das absolute Zeitmaß darbietende ather treten. Diese Reduktion 
vollzog Lorentz durch seine Hypothese vom ruhenden äther, die sich 
ihm bei Ableitung der Phänomene des Cichts aus dem Elektromagnetis⸗ 
mus aufdrängte. Schon Fresnel ( 1827) hatte sich genötigt gesehen, 
zur Erklärung der sog. Aberration (d. h. der scheinbaren Ablenkung der 
Sterne von ihrem wahren Ort infolge der jährlichen Bewegung der 
Erde) seiner Lichtwellentheorie die Annahme einzugliedern, daß der 
üther gar nicht an der Bewegung der Malerie teilnehme, daß sogar 
die Ecde (mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 000 m in der Sekunde) 
durch ihn hindurchgehe, ohne ihn im geringsten von der Stelle zu rücken. 
Es war zu erwarten, daß der solcher Art entstehende Gegendruck des 
athers (der „ütherwind“) auf das Kesultat mancher optischen Versuche 
einen Einfluß üben müsse. Indem Lorenz diese Frage aus den Voraus⸗ 
setzungen der Elektronentheorie zu beantworten versuchte, ergab sich, 
daß unabhängig vom Äütherwind alle Efsekte erster Ordnung verlaufen 
mussen, d. h. alle die, für welche das einfache Verhältnis zwischen Erd⸗ 
geschwindigkeit (7) und Lichtgeschwindigkeit (c) maßgebend ist. Beim 
Auftreten höherer Potenzen (v / e») dagegen ließ die 
Theorie neue Effekte voraussehen. Aber ein von 
michelson durchgeführter Versuch unter Bedingungen, 
wosicheinsolcher Sffekthättezeigen müssen, fiel nega— 
tiv aus (wie auch alle späteren?'); ein Einfluß der Erdbewegung ließ 
sich auch jetzt nicht erkeanen. Um die Schwierigkeit zu lösen, stimmte 
Corentz der zuerst von Fitzgerald aufgestellten Hypothese zu, daß infolge 
der Erdbewegung gegen den Kther die in die Richtung dieser Bewegung 
fallenden Dimenslonen eines Körpers in einem bestimmten Verhältnis 
verkürzt werden, während die zur Bewegungsrichtung senkrecht stehenden 
ungeändert bleiben. Diese gewaltsam anmu:ende Hypothese vertiefte er 
in welteren Arbeiten zu der Theorie, daß für jede Geschwindigkeit eines 
sc) Doch hat ein erneuter versuch auf Mount Wilson (bei 1700 m Höhe) 
ein positives Ergebnis gezeitigt, indem 1/3 des von obiger Theorie berechneten 
Effektes nachgewiesen werden konn!e; dagegen blieben Versuche zu ebener Erde 
und im Keller ergebnislos. Sollten weitere Versuche die Wirksamkeit des üthers be— 
stätigen, so müß!en die nachstehend entwickelten Theorien entsprechend umgebildet 
werden. An ihrer methodologischen Bedeutung würde damit wohl kaum mehr 
verändert, wie an den empirischen Zusammenhängen, die sie haben aufdecken 
helfen. Dagegen wäre die Existenz des üthers definitiv gesichert. 
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