Full text: Natur und Gott

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Die organische Struktur, ihre Bedingungen u. Leistungen. 425 
fachen Tropismenẽe) zeigen, wie etwa ein Licht⸗ oder Wärmereiz durch 
eine bestimmte Richtung pflanzlichen Wachstums beantwortet wird oder 
wie derselbe elektrische Reiz ein entgegengesetztes Verhalten der von ihm 
betroffenen kleinen Organismen auslöst (positive und negative Tarxis). 
Umgekehrt werden vielfach verschiedenartige Keize von einem Organ 
mmer in der gleichen Weise beantwortet, von den Drüsen durch Hus- 
scheidungen, vom Muskel durch Zusammenziehung usw. (,spezifische“ 
Energie). Aber auch quantitativ findet zwischen der Intensität der Reiz— 
ursache und der RKeizwirkung durchaus keine Gleichmäßigkeit statt. Zwar 
gilt in gewissen Grenzen das Webersche Gesetz, wonach einem bestimmten 
Größenwachstum der Reizintensität ein bestimmter, erheblich kleinerer 
Zuwachs an Intensität der Keizwirkung entspricht, aber schon dies Ge— 
setz zeigt die ganze Kompliziertheit des Verhältnisses; ferner muß der 
Reiz nach Dauer und Intensität eine gewisse Grenze überschreiten, um 
überhaupt eine Wirkung auszulösen. Namentlich ist zu beachten, daß 
der gleiche Reiz auf dasselbe lebendige System nicht immer eine gleich 
intensive Wirkung ausübt, sondern, je nach dem Zustande des Systems, 
seiner Ermüdung oder Erholung, eine verschiedene. Die Steigerung der 
Intensität der Erregung durch verstärkte Reize wird u. U. sehr bald ge— 
hemmt und kann einem Sinken der Erregung trotz gesteigerter Reiz— 
stärke Platz machen. Nicht selten läßt sich auch beobachten, daß zwischen 
Keiz und Wirkung eine längere Pause liegt (Catenzstadium), oder daß 
umgekehrt ein starker Reiz von kurzer Dauer Wirkungen hervorruft, 
die sich auf einen längeren Zeitraum erstrecken. Auch räumlich können 
Reizursache und Wirkung weit auseinanderfallen, indem sich zwischen 
die Eintrittsstelle des Reizes und die Stelle der zutage tretenden KReiz-— 
wirkung eine Reizfortpflanzung oder -leitung einschiebt. Von besonderem 
Interesse ist auch die von Verworn eingehend untersuchte Tatsache, daß 
der Organismus vielfach einen eigentümlichen Rhythmus der Lebens- 
bewegungen zeigt, und daß er Serien rhythmischer Keize in einen neuen 
kKhythmus von Erregungen transponiert. In alledem kommt zum Hus⸗ 
druck, daß er in sich selbst ein Reich gesetzmäßiger Bezie— 
hungen und Zusammenhänge bildet, welches jeden nicht etwa 
übermächtig zerstörend auftretenden Keiz gleichsam auffängt, verarbeitet 
und von se ner Gleichgewichtslage aus beantwortet. 
Derwornéa) hat den Versuch gemacht, diesen eigentümlichen Lebens—⸗ 
zusammenhang in seine einfachsten Komponenten zu zerlegen. Als „Siym⸗ 
bole“, mit denen sie den Lebensvorgang sinnlich wahrnehmbar machen 
62) Vgl. oben S. 413. 620) Erregung u. Lähmung 14.
	        
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