Full text: Natur und Gott

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Das Naturgesetz. 
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sicht; auch so allgemeine Gesetze wie die mechanischen Grundprin— 
zipien, das Energieprinzip, das Relativitätsprinzip, ja selbst die geome— 
rischen Sätze werden heute (mögen sie auch ein a priori in sich ent— 
zalten) auf empirische Grundlagen zurückgeführt. Nun besteht aber 
zwischen einem Gesetz wie dem Prinzip der Erhaltung der Energie und 
den speziellen Gesetzen, wie etwa dem Gesetz über die spezifischen 
Wärmen der einzelnen Grundstoffe ein gewaltiger Unterschied. Das erste 
erscheint so einleuchtend, daß man es (nachdem es gefunden war) geradezu 
als aprioristisch auffassen konnte; das zweite ist rein empirisch und 
irgendein allgemeinerer Grund für den Tatbestand scheint nicht vor— 
handen; derartiger rein empirisch gefundener Sätze, die eine mehr oder 
minder große Zahl von Beobachtungstatsachen zusammenfassen, gibt es 
in der phnsikalisch-chemischen Wissenschaft (wie in allen andern Natur— 
wissenschaften) unzählige. Daß es neben diesen speziellen Gesetzen auch 
allgemeine Prinzipien gibt, ja daß es vielfach gelungen ist, aus einem 
Prinzip heraus viele Einzelgesetze als notwendig zu verstehen oder in 
hrer Geltung zu begrenzen, ist keineswegs mit dem Bestehn von Natur⸗ 
gesetzen überhaupt gegeben, vielmehr ist die Frage nach dem Maße 
der „Begreiflichkeit“ der Natur, d. h. der Deduktion ihrer Ge— 
jetzmäßig keiten aus allgemeinen Prinzipien ausschließlich von den 
Tatsachen der Erfahrung aus zu beurteilen, in keiner 
Weise a priori zu entscheiden oder auch nur zu schätzen. Unter diesem 
Hesichtspunkt angesehen, muß es Verwunderung erregen, daß sich in 
der neuen Physik ein überaus hohes Maß von Begreifbarkeit der Natur 
d. h. von Zurückführbarkeit der empirischen Tatsachen auf wenige all— 
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erkennenden Geiste unmittelbar einleuchten und Befriedigung gewähren, 
„wie wenn man einen Rebus geraten hätte“. „Es verlohnt sich, der 
Vermutung nachzuspüren, ob wirklich Beziehungen existieren zwischen 
der Logik des Geschehens einerseits und der Logik des menschlichen 
Geistes andrerseits).“ 
Daß die Natur Züge aufweist, die das menschliche Gemüt sympa— 
chisch berühren, ihm also verwandt sind, ist im Bisherigen gezeigt; daß 
aber auch eine Berührung mit dem „logischen“ Wesen des Geistes statt— 
findet, läßt sich, so vieles hier auch im Dunkel bleibt, wahrscheinlich 
machen. Der deduktive Zug, der die heutige Phnysik kennzeichnet und 
trotz der riesigen experimentellen Arbeit, an der es wahrlich nicht fehlt, 
ihr das Gepräge gibt, weist zurück auf die wissenschaftliche Phantasie— 
0) So Nernst (mit Bezug auf die Lorentz-Transformation), „ßSum Gültig— 
keitsbereich der Naturgesetze“ (Rede) '»21, s. 10ff.
	        
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