Full text: Natur und Gott

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Der Gesamteindruck von den Wundern der organischen Welt. 599 
in sich, die ihre eigne Lebensfähigkeit besitzen und vielfach über den 
Tod des Ganzen hinaus erhalten werden können, und doch sind sie alle 
zu einem Ganzen, einem Gesamtsystem zusammengeschlossen, aus 
dem ihnen die Lebenskräfte zufließen und dem sie dienen. Dies Ganze, 
eine eigentümliche und (auf höherer Stufe) nicht teilbare Größe besitzt 
doch nur relative Selbständigkeit, ist von der Außenwelt fundamental 
abhängig. Diese Abhängigkeit zeigt sich anders bei der Pflanze, die sich 
bielfach gemäß äußern Bedingungen formen läßt, anders bei niedern 
und bei höhern Tieren, denen ganz bestimmte Formverhältnisse durch 
hre Natur aufgeprägt sind, aber das Maß ihrer Unabhängigkeit muß 
durch um so stärkere Abhängigkeiten wieder ausgeglichen werden. Es kann 
lein S3weifel bestehen, daß äußere Notwendigkeiten und die Anpassung 
an sie den Organismus in nicht geringerem Maße bestimmen als die 
etwa in ihm selbst aufgespeicherten Bildungsenergien. Aber weit ent— 
sernt, den individuellen Charakter des Organischen aufzuheben, tragen 
oielmehr jene Anpassungen an die Verhältnisse selbst dazu bei, den Reich— 
tum des Organischen zu steigern, indem sie in den innern Lebens— 
vorgangselbstalsnotwendige Elemente eingegliedert 
werden. Auch dieser Prozeß vollzieht sich keineswegs reibungslos. Es 
zibt genug organische Bildungen (wenn auch nicht so viele, als man nach 
den Zufallstheorien erwarten müßte), die lebensunfähig sind, und die 
Erdgeschichte weiß von vielen abgestorbenen organischen Formen zu be— 
richten. Beweis genug für den Konflikt, der hier vorliegen kann, aber 
für den breit hinflutenden Strom des Lebens sind die störenden Wirbel 
und Strudel doch nur ein geringes hindernis und stets pulsiert ein neues, 
frisches Leben. 
Nicht minder erstaunlich als die Existenz des Organismus ist seine 
leubildung. Wie immer die ersten Organismen entstanden sein mögen, 
nie hat ein Forscher einen solchen, und sei es nur die denkbar einfachste 
einzellige Form, anders entstehen sehen als aus seinesgleichen. Zelle 
vird aus Selle, Zellkern aus Zellkern, Protoplasma aus Protoplasma 
usw. Jede Zelle erzeugt durch Teilung ihresgleichen, mit genau so vielen 
Aernen, wie es der Zelle der besonderen Art entspricht und mit allem 
sonstigen chemischen und histologischen Zubehör. Noch seltsamer als die 
regelmäßigen Zellteilungen, wie sie bei allem Wachstum in Frage 
kommen und bei Einzelligen, Pflanzen und niedern Tieren vielfach auch 
der Entstehung eines neuen Individuums zugrunde liegen, sind die Vor— 
richtungen, wenn Befruchtung der mütterlichen Eizelle durch eine Samen— 
zelle erforderlich wird. Die Tatsachen zeigen, daß ein weites Gebiet 
vorhanden ist, wo einfache Teilung der Zellen ausreichlt, ein zweiter
	        
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