Full text: Natur und Gott

Der Gottesgedanke in seiner Beziehung zur Naturwelt. 741 
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ein unpersönlich, bewußtlos Wirkendes, während er sich nach oben hin 
mehr und mehr als Bewußtsein, Persönlichkeit und Freiheit darstellt. 
Das Wesen Gottes ist hiernach bestimmt durch das Gesetz, sich selbst vom 
Unbewußten und Unpersönlichen zum Bewußten und Persönlichen zu 
entwickeln. Diese Konsequenz hat bekanntlich Schelling in seiner spätern 
Seit tatsächlich gezogen und v. Hhartmann hat den Gedanken weiterge⸗ 
bildet und von Gottes Selbsterlösung durch den Weltprozeß geredet. Kon— 
sequenter freilich ist es, im Sinne der heutigen Anschauung neben die 
Toolution die Involution zu stellen und damit zum Kreisprozeß des Welt— 
geschehens fortzuschreiten, wie es im Sinne der Antike Nietzsche getan hat. 
Dann wird aber vollends deutlich, daß alle Gestaltungen der Natur, 
bewußtlose wie bewußte, gleich viel und gleich wenig bedeuten, und 
daß es keinen Sinn hat, an den wunderlichen Mechanismus dieses Ka— 
leidoskops den Namen „Gott“ zu verwenden, der doch immerhin einen 
Unterschied von der Welt und einen Vorzug vor ihr in sich schließt. Im 
Interesse der Klrheit ist es daher nur zu begrüßen, wenn Nietzsche, wie 
schon vor ihm Schopenhauer, den entschiedenen Atheismus proklamierte. 
Wenn man dagegen mit v. Hartmann das Streben nach aufsteigender 
Entwicklung als ein unbewußtes in Gott verlegt und zugleich diesem un— 
bewußten Gott eine Intelligenz und Zielstrebigkeit beilegt, die jede uns 
bekannte bewußte Intelligenz unvergleichlich überragt, so erhält man nur 
ein in sich selbst widerspruchsvolles Gebilde. 
Zwischen hartmanns Unbewußtem, häckels Hylozoismus und Ost— 
walds Atheismus schwankt, was sich heute als Monismus) bezeichnet; 
dabei wirken aber Hartmanns positive Gedanken nur in starker Ab— 
schwächung weiter. CEinigkeit besteht bei den Monisten eigentlich nur 
in der Negation, der Ablehnung des sog. Dualismus, d. h. der fanatischen 
Bekämpfung jedes über die Natur oder Welt hinausreichenden Prin— 
zips, ja auch schon jeder Sehnsucht, die über die Natur hinausfliegen 
will; der Monismus bedeutet also den entschiedenen Bruch mit jeder Art 
von Erlösungsreligion, d. h. mit der ihrer Cigenart bewußt gewordenen 
Keligion überhaupt. Fragt man aber nach den positiven Grundgedanken, 
in denen der Monismus einig ist, so kann nur auf die Grundsätze der 
heutigen Naturerkenntnis, genauer gesagt, der letzt vergangenen Phase 
der Wissenschaft, hingewiesen werden, auf das Kausalgesetz, von dem die 
Welt durchgehends beherrscht ist, auf die anscheinende innere Einheit 
ihrer Kräfte oder Energien, auf den großen aufsteigenden Zusammenhang 
ihrer Lebensformen. Die „monistische Keligion“, soweit von solcher die 
Kede sein kann, besteht in dem Versuch, diese Naturauffassung mit pan— 
4) 5. 281ff.
	        
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