Full text: Natur und Gott

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KRonkurrenz des religiösen u. des wissenschaftlichen Weltgedankens. 759 
naturwissenschaftlichen Denkens mit seiner Nüchternheit, seinem Wirk— 
lichkeitssinn, seiner unerbittlichen Folgerichtigkeit und Objektivität, aber 
auch seinem aufgeschlossenen Blick für neue überraschende CLebenszusam— 
menhänge als eine von Gott gewollte Weise der Erziehung auf sich wir— 
ken zu lassen. 
Es fragt sich nur noch, welche Forderungen an die wissenschaftliche 
Idee des Naturzusammenhanges und des Naturgesetzes erhoben werden 
müssen, damit sie mit der religiösen Betrachtung des Naturzusammen— 
hanges vereinbar sind. Die grundlegende, nach dem Ausweis der Ge— 
schichte keineswegs selbstverständliche Voraussetzung ist diese, daß die 
Idee des Naturgesetzes mit derselben Solgerichtigkeit und Freiheit im 
Sinne der Naturerkenntnis entwickelt werde, wie es soeben für die reli— 
giöse Weltbetrachtung in ihrer Art versucht wurde. Rein empirisch ge⸗ 
nommen ist ersichtlich das Naturgesetz eine Kegel, in der gewisse Gleich— 
förmigkeiten der Dinge und ihrer Wechselwirkung ausgesprochen wer— 
den. Der Gültigkeitsbereich des Gesetzes ist von mehr oder minder gro⸗ 
her Ausdehnung, aber kaum je ganz allgemein; die Genauig keit ist stets 
eine nur annähernde, relative; ebenso ist die Begründung und somit 
die Sicherheit der Kegel stets der Steigerung fähig und bedürftig. Erst 
durch CErxtrapolation werden versuchsweise diese empirischen Regeln im⸗ 
mer weiter verallgemeinert und nach Möglichkeit in mathematisches Ge⸗ 
wand gekleidet. Die einzelnen Gesetze werden ferner zu einem alle 
Möglichkeiten des empirischen Verlaufs umspannenden Inbegriff von 
gesetzmäßigem Zusammenhang aller Erscheinungen zusammengefaßt; end⸗ 
lich wird dieser hypothetische Inbegriff der Natur als einer restlos durch 
Gesetze geregelten Welt als ein in sich abgeschlossener, gegen Einwir— 
kungen von anderswoher hermetisch abgeschlossener Zusammenhang auf— 
gefaßt. Gegen diese Annahmen läßt sich auch nicht das Geringste ein⸗ 
wenden, solange sie methodische Annahmen bleiben, die der Erweite— 
rung, Vertiefung und Befestigung der empirischen Naturerkenntnis die⸗ 
nen. Aber wer wollte leugnen, daß diese berechtigte Hypothesenbildung 
nicht nur in den Kreisen derer, die nicht Fachleute sind, zu einer Mytho⸗ 
logie geführt hat; z. B. steckt in dem Goetheschen Wort von den „ewigen, 
ehernen Gesetzen“, nach denen alle, ihres Daseins Kreise vollenden“ müs⸗ 
sen, das zum Stichwort des Monismus geworden ist, noch allzuviel von 
religiösem Gehalt oder, bei den Heutigen, wenigstens religiöser Phraseo⸗ 
logie, das sich geschichtlich sehr wohl aus der Abzweigung der modernen 
Idee der Gesetzmäßigkeit aus dem Gottesgedanken verstehen läßt, aber 
heute der echten Religion nur noch Konkurrenz macht. Macht man da⸗ 
gegen aus den wissenschaftlichen Begriffen, was sie sein wollen, Formen.
	        
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