Full text: Natur und Gott

706 Abschließende Ergebnisse und letzte Fragen. 
Entwicklung und Basis der Vererbung seine)“. Ergänzend tritt die Be— 
tachtung der Apassungen und Regulationen, namentlich aber der organi— 
schen Bewegungen hinzu. „Typische Konstellationen zentripetaler Reize 
des zentralen Nervensystems werden empfangen; typische Konstellationen 
von Reizungen zentrifugaler Nerven werden abgegeben. Eben diese 
Punkte unterscheiden, wie wir wissen, unser reagierendes „Etwas“ vom 
Phonographen?s).“ 
Das Versagen der heutigen, ja, man darf wohl sagen, aller heute 
denkbaren Mittel der energetischen Forschung gegenüber der zielstrebigen 
Eigengesetzlichkeit des Organismus ist hier zum schärfsten Ausdruck ge— 
bracht; die Ergänzung der energetischen durch eine Ganzheitskausalität 
ist in der Tat unerläßlich. Aber die Umwandlung dieses methodologischen 
in einen metaphysischen Satz, die Annahme einer Entelechie als ontolo— 
gischer Kategorie ist nicht zwingend, weil weder das Wesen der Materie 
noch des Lebens noch der Entelechie uns bekannt ist. In Wirklichkeit 
bildet die intuitive Cinfühlung in das Lebendige, der Satz „Leben ist 
meines Wesens“, „Leben bin ich selbst in meinem Handeln“ die Grund— 
lage aller vitalistischen Theorien, auch der von Driesches). Die Berech— 
tigung eines derartigen Analogieschlusses wird sich auch nicht bestreiten 
lassen, am wenigsten auf dem Boden der Deszendenztheorie. Aber die: 
definitive Deutung des Organismus nach dem Ich bleibt unerweislich, 
sie ist sogar in unvergleichlich höherem Maße hypothetisch als etwa der 
Analogieschluß auf die Cxistenz andrer geistiger Wesen neben dem Ich. An 
der Tatsache, daß es Geistesleben gibt, hat freilich aller Mechanismus seine 
letzte, prinzipiell unüberschreitbare Grenze; aber daß er sie schon an der 
Tatsache der sog. Lebensphänomene hat, ist zwar vom Gesichtspunkt des 
kontinuierlichen Lebenszusammenhanges vom Protozoon bis zum Men—⸗ 
schen aus sehr plausibel und für die naive Auffassung selbstverständlich, 
aber prinzipiell keineswegs ebenso sicher; die Annahme eines Mittelreichs 
zwischen Mechanismus und Geisteswelt dürfte, wie auch Driesch an— 
nimmt, der Gesamtheit der Lebensphänomene eher gerecht werden. 
In völliger Übereinstimmung mit den Schöpfungsgedanken unserer 
religiösen Überlieferung ergeben sich der wissenschaftlichen Betrachtung 
des Lebensproblems zwei Leitideen, deren immer schärfere Präzision und 
Begründung die Aufgabe der Forschung bleibt, Kontinuität der belebten 
mit der unbelebten Natur (formuliert in der Idee der „Urzeugung“) und 
20) Ebenda S. 220. 20) Ebenda S. 351. 
20) Schaxel a. a. O. S. 139 vgl. 104f. — Über die „organismische“ d. h. 
kritische vitalistische Grundauffassung und ihre wichtigsten Begriffe findet man 
ebendort S. 138- 158 eine knappe und klare Darstellung.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.