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Vegetations⸗ und Fruchtbarkeitsriten. 67
aus, wofür dann Opfer und Spenden dargebracht werden't). Ebenso
wird bei den ugro⸗-finnischen Völkern das Wasser als Befruchter wie des
Bodens so der Menschen und des Viehes verehrt. Der Fluß oder Bach
wird als „Mutter“ angerufen, aber die Vermenschlichung ist (wie bei
anderen Naturerscheinungen, die als Mutter angeredet werden, wie Erde
oder Sonne) nur schwach, wie z. B. das Gebet zeigt: „Beherrscherin des
Wassers, Wassermutter, Mütterchen, viele ernährst du, viele tränkst du,
vielen gibst du Gesundheit: spende Wohlfahrt, gib Gnade dem Geringen
aus dem silbern fließenden Wasser, aus dem golden sich wiegenden Schilf,
aus dem silbern sprudelnden Bache, von dem goldenen Ufer'⸗).“ Der
Fruchtbarkeitsgedanke ist, wie sich bei diesen Völkern deutlich zeigen läßt,
für die religiöse Verehrung des Wassers durchaus entscheidend's). Mit
dem Wasser aber steht in engster Beziehung der Kegen, der daher bei
den gleichen Völkern auch von der Wassergottheit erbeten wird'9. Nicht
minder natürlich ist es, den von oben her kommenden Kegen von den
himmlischen zu erbittens), und das ist wohl, soweit nicht der Regenzauber
geübt wird, die Kegel. hier liegt der Punkt, wo die von der Tendenz
auf Fruchtbarkeit beherrschten alrarischen Kulte notwendig mit atmo—
sphärischen und siderischen Phänomenen in Verbindung treten und zu
himmelskulten werden: Die von oben strömenden „Gottesbäche“ voll
Wasser spenden Segen und Gedeihen?e). Wie der Kegen, so ist auch der
Sonnenschein eine Grundvoraussetzung des Feldbaus. Wenn Paulus in
Cystra predigt, Gott habe auch den Heiden sich nicht unbezeugt gelassen
mit Gutes tun, indem er vom Hhimmel Kegen gab und fruchtbringende
Zeiten und die Herzen füllte mit Speise und mit Jauchzen'“), so hat er
damit den religiösen Sinn aller Ackerbaukulte erschöpfend zum Ausdruck
gebracht.
Die Art der überall verbreiteten ländlichen Kulte vergegenwärtigt uns ge—
rade in ihrer Nüchternheit die altrömische Religion besonders deutlich, weil sie
in restloser logischer Auseinanderfaltung alle die Momente deutlich erkennen läßt,
die bei der Sicherung der Ernte eine Rolle spielen. Gerade ihre Feldersegen und
ländlichen Feste haben den Verfall der altrömischen Religion Jahrhunderte lang
überdauert, ein Zeichen, wie tief sie in den Gemütern verankert waren's). Die
71) Pgl. Curtis a. a. O. S. 94f., 98, 113 ff. 121 f., aber auch schon 2. Könige
5, 10. Joh. 5, 3ff.; ct. 9, 6f.
22) holmberg a. a. O. s. 135. Über Befruchtung von Mensch und Tier
J. s. 77f. 112f., 148ff., 232. Auf gleiche Gedanken führt hH. den germa—
nischen „Kinderbrunnen“ zurück (5. 270). Das „zornige“ Wasser erzeugt Krank—
heit (S. 78). 18) Ebenda S. 273. 74) Ebenda S. 121, 147, 181.
20) Ebenda s. 122, 118. 1760) ps. 65, 10.
7) Act. 14,17; vgl. Ps. 147,8; Mt. 5, 45.
18) Die folgenden Details gebe ich nach Wissowa.