Vegetations⸗ und Fruchtbarkeitsriten. 71
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und Erneuerung, um die verjüngte Yucca und alle neu auszusäenden
Pflanzen. Der alte Mond, die alte hütte, alles Alte wird angezündet,
also der alte Fruchtbarkeitsdämon vernichtet, damit der neue erstarke.
Auch alle beim Fest gebrauchten Dinge müssen sich entsprechend dem
Inhalt der Gesänge erneuern, wie auch zum Fest (früher) eine neue Hütte
gebaut wurde. Steht hier die Erneuerung im Vordergrunde, so beim
Tanzbaumfest die Tötung des alten Dämons. Man tanzt auf dem Baume,
der selbst die Seele des schaffenden Vaters bzw. der Wasserschlange re—
präsentiert, mit dem ausgesprochenen Zwecke, ihn zu zerbrechen; schließ—
lich wird er in Stücke zerschlagen. Daß aber himmlisches Abbild des tan—
zenden und schwebenden Vaters der Mond ist, zeigt der Gesang: „Am
himmel wandert er und tanzt und schwebt und muß wandern, ohne
zurückzukehren und sich umzuschauen. ... Da oben am himmel schaut er,
zieht (die Federn durch den Schnabel) und breitet die nassen (Flügel)
aus.“ Regen und damit Fruchtbarkeit der nächsten Periode ist das er⸗
kennbare Ziel. Die hier vollzogenen Hhandlungen sind nicht etwa als
sinnbildliche gemeint, sondern haben die Kraft, durch ihren Vollzug das
Ziel der Fruchtbarkeit herbeizuführen. So fand Preuß bei andern weit
entfernten Stämmen den Vollzug der Tänze damit begründet, daß die
Vorfahren sie eingeführt hätten, um damit alle die Erde beherrschenden
Mächte, mit denen sie Verträge abgeschlossen hätten, sich gefügig zu
machen. In den Gesängen der Uitoto finden wir die gleiche Grundan—
schauung. Auf Grund der eigenen Worte des Vaters, die er ihnen gab,
tanzen sie, wie sie sagen, und es wäre kein Tanz, wenn er ihn nicht
gegeben hätte. Durch das Fest halten also die Lebenden die uralte Ord—
nung aufrecht, wie sie in den Vorfahren sich verkörpert, setzen sie die ge⸗
heimnisvollen Kräfte, ja wir dürfen sagen, das Schöpfungswort des
Vaters, durch welches die Früchte und Pflanzen entstanden (s. u.), wieder
in Aktion, verjüngen sie die Vegetationskraft, der alles entsprießt.
Ich kann darauf verzichten, die so überraschend verwandten, in
mancher Beziehung anscheinend noch primitivern Tjurunga-Gesänge und
Zeremonien der australischen Stämme zu analnysieren. Denn auch die
Uitoto zeigen noch in voller Frische der Ursprünglichkeit das Gefühl der
zZusammengehörigkeit mit der ganzen Natursoa) sowie das Bewußtsein von
der selbständig wirkenden Macht der hl. Worte und Tänze. Zugleich aber
sind sie mit jenen späteren Gedankenbildungen, von denen wir aus⸗
gingen, stark verwandt und daher besser vergleichbar. Vor allem tritt
die Tötung des Vegetationsgeistes, die Clemenst) geradezu als einen Völ⸗
soa) 8. oben S. 54.
81) Die Tötung des Vegetationsgeistes, Neue philol. Jahrb. 1922, L.