Full text: Verein Deutscher Ingenieure 1856 - 1926

gebend für die Begründung und Entwicklung des Vereines 
werden sollten. Am 10. Stiftungsfest der Hütte, Pfingsten 1856, 
sollte der Verein, wie die Kommission hoffte, gleich mit mehreren 
Hundert Technikern ins Leben gerufen werden. 
Nach Halberstadt im Harz hatte die Hütte ihre Mitglieder 
und Freunde eingeladen, Mehr als hundert der jungen Mitglieder 
der Hütte waren erschienen, von den älteren kamen etwas mehr 
als zwanzig, darunter der Begründer, Stifter und erste Vorsitzende 
der Hütte, Euler, der als wohlbestallter freiherrlich von Gi- 
nanthischer Hüttenmeister aus Trippstadt bei Kaiserslautern 
erschienen war. Auch der Vorsitzende der Hütte von 1855, 
Richard Peters, warnoch mittags am ersten Feiertag nach 
Halberstadt aus Hattingen an der Ruhr herbeigeeilt. Ihm ver- 
danken wir in einem ausführlichen Brief vom 15. Mai an seine 
Mutter eine begeisterte anschauliche Schilderung, in welchem 
äußeren Rahmen sich die Gründung des Vereins vollzog. 
Am 12, Mai 1856, am zweiten Pfingstfeiertag, fuhr man von 
Halberstadt auf mit frischen Maien geschmückten Leiterwagen 
nach Alexisbad im Harz. Von den jungen Mitgliedern der Hütte 
fröhlich begleitet, wurden von den Gründern des Vereins während 
der Fahrt nochmals die wichtigsten Punkte der Satzungen, wie 
sie die Hüttenkommission vorgelegt hatte, beraten, und als 
man in Alexisbad mit etwas verrenkten Gliedmaßen dank der 
holprigen Straße und des ungefederten Leiterwagens angekommen 
war, hatte man unter dem Vorsitz des Hüttenvaters Euler nur 
noch formal den bereits auf dem Leiterwagen beschlossenen Verein 
schriftlich zu begründen. Das Gründungsprotokoll des Vereins 
zeigt uns 23 Unterschriften. 14 Ingenieure hatten noch schriftlich 
ihren Beitritt angemeldet. Damit war von jugendfrischen, für 
ihr deutsches Vaterland begeisterten Jungen Männern mitten 
im grünen Herzen Deutschlands das Samenkorn der deutschen 
Erde anvertraut worden, aus dem in stetigem Wachstum und der 
Mitarbeit von ganzen Generationen tatenfroher Ingenieure 
der Baum erwachsen sollte, der dem heutigen Verein deutscher 
Ingenieure mit seinen 30 000 Mitgliedern Kraft und Segen 
spendet. 
Wer sich in den Geist jenes zweiten Pfingsttages vor 70 Jahren 
versetzt und das damals Gewollte mit dem heute Erreichten 
vergleicht, kann sich nur freuen des stolzen jugendlichen Wage- 
mutes und der hohen idealen Gesinnung, die diese jungen Männer 
allein zu dem Wagnis — als solches empfanden auch sie es — 
befähigte. Es fehlten bei dieser Gründungsversammlung die
	        
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