Vierter Abschnitt:
Elasticität und Festigkeit.
I. Allgemeine Gesetze, Versuch: verthe und
Erfahrungssätze.
1. Die Formveränderung eines durch äufsere Kräfte in Anspruch
genommenen Körpers. zerfällt in a) eine mit der Belastung verschwin-.
dende (elastische) und 8) eine bleibende (plastische). Die erstere ist
innerhalb einer gewissen Grenze (der Elasticitätsgrenze) proportional]
der ‚Belastung, die letztere ist innerhalb dieser Grenze verschwindend
klein gegen die erstere, nach Ueberschreitung derselben aber nahezu
proportional dem Ueberschufs über die dieser Grenze entsprechenden
Belastung.
2.*) Die mechanische Arbeit, die zum langsamen Abreifsen
resp. Zerbrechen eines Stabes nöthig‘ ist, ist nach Versuchen gleich
P,; (A ad;) , worin P, die Kraft bedeutet; welche den Stab bei
ruhiger Einwirkung zerreifsen resp. zerbrechen würde, &, die elastische,
0, die‘ bleibende Verlängerung resp. Durchbiegung und & einen Coeffi-
cienten, der zwischen‘ £ und I liegt. Die Formel giebt auch die
Arbeit an, die nöthig ist, um einen Stab um $, +0, zu verlängern
resp. durchzubiegen.
Fehlerfreier, weicher Stahl von 0,7 bis 0,4 pCt. Kohlenstoffgehalt
verträgt eine bleibende. Verlängerung von 10 bis 16 pCt. der Länge.
3. Bei Metallen wird durch Hämmern, Walzen, Drahtziehen (bei
Stahl auch durch Härten, bei Eisen. auch durch einen geringen Phos-
phor- oder Kohlenstoffgehalt) die Elasticitätsgrenze und in geringerem
Mafse auch die Festigkeitsgrenze erweitert, die Dehnbarkeit (plastische
Formveränderung) aber vermindert.‘ Ausglühen bewirkt das Gegentheil.
4. Die einer bestimmten Belastung‘ entsprechende bleibende Form-
veränderung bedarf zu ihrer Vollendung einer gewissen Zeit, die bei
verschiedenen Materialien verschieden ist.
‚5. Die Temperatur ist nicht ohne Einflufs auf die Festigkeit und
Dehnbarkeit. Bei starker Kälte (388° CC.) liegt bei Schmiedeeisen
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;*) Vergl. Zeitschrift. des Vereins deutscher Ingenieure, Bd. XJI., Heft 6,
Seite 375 und Grashof, Festigkeitsiehre, Seite 24.