seiner Stärke dienstbar und gehorsam. Dem Ordensmann (in der Abtei)
hat das Gesamtbild zu Aen; Klugheit, Mäßigung, Keuschheit und wil⸗
liger Gehorsam geben Stärke, sichern das Heil, ren durch das Para⸗
dies der Gnade zum Ziele, empor zur Himmelsburg.
Beide Bilder des östlichen Pfeilers zusammen sprechen vom Himmel
und vom Weg dahin.
Am westlichen Pfeiler. Nach dem in der romanischen Bild⸗
nerei herrschenden Brauch, gegensätzliche Gedanken einander öͤrtlich ge—
genüber zu stellen, haben wir am zweiten Pfeiler das Gegenteil der äm
ersten dargestellten Ideen zu erwarten. Ist bdort der Himmel und der
Weg zum Himmel erkannt worden, so wird hier der Weg zur Ver—
dammnis und dann die Hölle selbst zur Darstellung gelangen.
Das östliche Bild des zweiten Pfeilers zeigt einen nackten Reiter auf
einem Drachen. Das Reiten auf Sirenen, Zentauren, Drachen wird in
der romanischen Bildersprache als eine Angleichung genommen. Es ist
damit ein Mensch gemeint, der das Laster, den Teufel reitet, sich frei
dünkt und doch mit dem tierischen Wesen verwachsen ist, zu herrschen
und zu lenken glaubt, aber beherrscht und in die Hölle getragen wird
vom Dämon seines Lasters. So reitet am Hauptportal von St. Zeno in
Verona Dietrich von Bern auf dem vom Teufel geliehenen Roß, er
meint, den Hirsch zu jagen, wird aber in die Gewalt des Höllengeistes,
in die Unterwelt abgeführt. Also sagt unser Pfeilerbild, das dem Weg
zum Himmel gegenübersteht, daß der Lasterweg zum Verderben führt.
Das mwestliche Bildfeld des zweiten Pfeilers setzt dem an der östlichen
Seite des ersten Pfeilers dargestellten Paradiesesfrieden im ewigen Le—
ben den Unfrieden der Hölle entgegen. Wir sehen einen hitzigen Tier—
kampf. Ein mächtiger Löwe hat sich in einen geflügelten Feuerdrachen
derbissen, der seinerseits den Leib des Löwen mit seinem gewaltigen
Schlangenschwanz umwindet und zusammenschnürt. Es läßt sich in dem
oorliegenden Tierkampf durchaus nicht erkennen, welcher Gegner ob—
siegen wird. Solche unentschiedene, endlose Tierkämpfe bedeuten alle—
mal, in unzähligen Beispielen, den ewigen Unfrieden der Höllengeister,
sind Darstellungen der Hölle.
Die Bilder der zwei Pfeiler gehören dem im Schrifttum der roma—
nischen Zeit oft behandelten Thema von der Entscheidung des Christen
zwischen „den zwei Wegen“ an: Aufwärts zum Himmelreich, oder ab—
wärts zur Hölle.
II. Ein Pfeilerbild im Brunnenhof
An einer Treppe, die aus der alten Abtei in das „Höfchen“ mit der
Zisterne führt, ist ein Pfeiler mit einem Reliefbilde versehen. Darge—
stellt ist ein Affe. Seine Wiedergabe erstrebt keine Naturwahrheit, sie
will mehr andeuten als schildern, vielleicht ist die Menschenähnlichkeit
mit Absicht übertrieben. Auffallend ist die Ahnlichkeit dieses Affen mit
der im Westgang des Großmünster-Kreuzganges in Zürich dargestellten
Affengesellschaft, in der zwei Affen mit Halsstricken angebunden sind
und zwei fressen. Dieser Affe ist mit einer Strickschlinge um den Hals
an eine Säule gefesselt, aus einer Hand frißt, mit der anderen spielt er
mit seinem rechten Beine. Gefesselte Affen kommen mehrfach in der ro—
manischen Plastik vor, ebenso der mit einem Halsstrick angebundene
Teufel. Auch der Teufel legt seinen Opfern den Strick um den Hals
(Andlau). Nach dem Physiologus ist der Teufel, wie der Antichrist, der
Affe Gottes, der Affe das Bild „endloser Verwerfung“. Als Gegenbild
der Gottebenbildlichkeit der Gotteskinder ist der Affe, dieses Zerrbild
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