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die Auferstehung aus den Grashügeln der Gräber angedeutet. Die be—
sprochenen sechs Bildwerke, Paradies, Himmelfahrt der Seele, Him⸗
mel und Auferstehung, haben deutlichen Bezug zum Aufschriftsbilde:
Christus, der Gesetzgeber und Richter in seiner Herrlichkeit.
Die Säulen in der Biloͤfläche sind ornamentiert, ihre
Schaftzier entspricht dem Inhalt der Bildwerke. Die westliche Ecksäule
zeigt Palmetten, die zwei Hängesäulen haben Blattranken mit Blu—
men, die östliche Ecksäule Palmblätter mit Blumen; die Beziehung
geht auf die Himmelsherrlichkeit.
Konsolen unter den Hängesäulen sind Tierfratzen; westlich ein häß⸗
lich entstellter Löwe mit offenem Rachen und herabhängender Zunge,
der Tod; östlich ein katzenartiger Kopf mit herabhängenden Vorderbei⸗
nen, der im Maul eine Maus hält, der Teufel als Seelenfänger. Diefe
Konsolen wiederholen das Programm: Tod und Teufel, das unter
dem von diesen Hängesäulen flankierten Fenster im Bilde des Sün—
denfalles an Adam und Eva angezeigt ist.
Die Bildwerkederöstlichen Fläche
„Das Bild über dem Fenster gibt die Aufschrift: „Der Tod“, der
die Menschen in Schlingen fängt.
Unter dem Fenster: der Tod des Gerechten. Südlich: der Tod des
leichtfertigen Suͤnders. Nordlich: die überwindung des Todes.
Unten. Das Opfer Kains und Abels. Die Darstellung des thro—
nenden Gottes ist eine ikonographifche Seltenheit. Sie ist wohl zugleich
der Rücksicht auf die Ostseite, wohin der Christ betet, woher der Wel—
lenrichter kommen und Gericht haͤlten wird, aber auch auf die östliche
Stellung des Altares im Innern der Apsis zuzuschreiben. Das Opfer
und der Tod Abels ist Vorbild des Opfertodes Christi. Im Gottes⸗
hilde mitten zwischen den Opfernden erkennũe ich keine tatige Bezie—
hung zu Kain und Abel, daß er den einen segne, den anderen verfluche;
die erhobenen Arme, die Rede—- und Segenshaltung der rechten Hand,
das Dreiblattszepter in der linken gehbren der herkömmlichen Dar—
stellung der Gottesherrlichkeit an, der die Menschen Anbetung und
Opfer schulden. Immerhin ist Abel zur rechten Hand, Kain zur linken.
Aber Kain erscheint noch einmal hinter der Geftali Abels quf der an
deren Seite des Bildes, packt den Bruder am Kopfe und schlägt auf
ihn ein (Arm und Keule sind verstümmelt). So übernimmt Kain die
Rolle des Todes, des Menschenmörders. Das ist nicht bloß Ergänzung
der Erzählung, sondern die Ausnützung des Berichtes für die geplante
Gedankenfolge der östlichen Bildfläche, die Rückkehr zum Thema: „Der
Tod“. Im Zusammenhaͤlt mit den anderen Bildern dieser Fläche
kommt hier nicht das Opfer Abels, sondern fein Tod in Betracht, und
der Titel dieses Bildes heißt: „Der Tod des Gerechten“. Eine erläu—
ternde Zugabe ist der Drache, der sich unter dem Throne windet, der
Teufel als Tod. „Der letzte Feind, der vernichiet wird, ist der Tod;
denn alles hat er seinen Füßen unterworfen“ (1. Kor. 15, 26). Dieser
Drache erhebt sein Haupt zum thronenden Gott, als müßte er gehoͤr—
sam das Opfer seines Rachens abliefern. In feinem offenen Schlunde
ist die Halbfigur eines Verschlungenen mit gekreuzten Händen zu se—
hen, Abels, dessen Leib, aber nicht dessen Seele, er töten konnte (Matth.
10, 28). Unter sich in seinen Pranken hält er ein Menschlein, die Seeke
Kains, der sich vergeblich wehrt; er ist noch nicht im Rachen des Todes,
aber seine Seele ist in Teufelsgewalt. Fuͤr den Zyklus hat das Bild
den Sinn: der Tod des Gerechten und Ungerechten.
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