Full text: Die geistige Botschaft romanischer Bauplastik

Menschen, der sich mit seinem Messer vergeblich wehrt. Ein Mann mit 
kinem Speer dringt auf das Raubtier ein, um ihm sein Opfer zu ent— 
reißen. Es ist nicht notwendig, den Bärenjäger als Engel anzusehen, 
es ift ein Christ, der seinem Mitchristen im Kampf gegen den Teufel 
Hilfe leistet. Die drei Darstellungen mahnen, dem Teufel tapfer im 
RFlauben zu widerstehen, Versuchungen abzulehnen, den Mitchristen 
und auch den Seelen der Verstorbenen (in ore leonis) beizustehen. 
Die Ornamentik der nöroͤlichen Fläche 
Die Hochsäulenkapitelle. Ostlich gehört von den zwei 
Köpfen der festgehaltene, wie oben gesagt, zu dieser Fläche. 
Westlich sind die Köpfe mit hornartigen Stirnjochen, Menschen, die 
in Teufels Gewalt sind. Man vergleiche ihre durchfurchten Gesichter 
mit dem an der nach Westen folgenden letzten Konsole, dem Gesichte 
eines Verdammten. 
Kapitelle und Konsole am Architrav 
L. Kapitell (östlichs mit Palmette in Ranken und darüber Bandge— 
flecht, wie in der Ostfläche 6), hoffnungsberechtigte, aber noch unerlöste 
Seelen. Das Bandgeflecht hat abschließenden Sinn. 
2. Konsole mit einem großen, schneckenförmigen Volutenpaar, unter 
dem ein Tierkopf herauskommt, Schnecken und Igel (7) im Weinberg. 
3. Kapitell mit Blättern und Ranken, die sich an der Wandflüche 
fortsetzen, und mit Trauben. Zwei nackte Halbfiguren, östlich eine 
männtiche, die eine Traube ergreift, westlich eine weibliche, die ihre 
Hand an den Bauch legt, schwelgen in den Reben; das sind die Diebe 
smn Weingarten Gottes (Psalm 79, 18). Dann der Kopf, der den Teufel 
bedeutet, dem die Menschen anhängen. 
1. Kapitell mit Traubenranken, den Weingarten Gottes bedeutend. 
5. Konsole, unter dem Blattwerk ein Widderkopf; die Böcke sind 
Feinde des Weinbergs. 
6. Kapitell, zwei Hasen im Weingarten, Rebzweige mit großen 
Trauben. (Vergl. Hohelied, 2, 15; Jaiag 5, 1; Psalm 79, 14; Jer. 2, 21; 
Ezech. 13, 4.) Die Schädlinge im Weinberg sind nach der Bibelausle— 
gungfalschePropheten, Irrlehrer, schlechte Vorsteher, Sendlinge Satans. 
Die Säulen in der Bilodfläche, Die östliche zeigt am un— 
teren Beginn ihrer Zier Blattwerk, darüber ein in Laubwerk sprin— 
gendes Tier mit langen Ohren, darüber in einem Spiralenband (ehr 
undeutlich) ein aufspringendes Tier mit Vogelkopf (?2), darüber in 
einem Kreisband einen Vogel, der sich zurückwendet und die Federn 
mit dem Schnabel ausstreift. Wenn dieses Dekorationsmotiv der Tier⸗ 
bilder in Kreisen oder Spiralen auch auf orientalische und byzantinische 
Stoffe zurückgeht (Bernheimer, Rom. Tierplastik, S. 70), so ist die Au⸗ 
wendung doch nicht ohne Absicht und Sinn; es handelt sich nicht um die 
ursprüngliche Bedeutung, sondern um den Sinn, in welchem diese Bil— 
derfolge hier Verwendung fand. Wir werden sehen, daß das Gegen— 
stück dieser Säule, die westliche Ecksäule, durch ihr Bildwerk in Begie— 
hung zum Bärenkampf steht; darum ist anzunehmen, daß die östliche 
Ecksäule Bezug hat auf das daneben befindliche Bild der verführeri— 
schen Frau; ich denke an die Stelle: 1. Joh. 2, 16: „Alles, was in der 
Welt aͤst, das ist — Augenlust und Hoffart des Lebens.“ Der 
sich schön machende Vogel könnte die Hoffart, die vierfüßigen, jagen— 
den Tiere die Begierlichkeit darstellen. Zum Sinn des den Teufel be— 
treffenden Themas dieser Fläche passen Sinnbilder der Laster, zum Ge⸗ 
genüber der letzten Säule Leidenschaften des diesseitigen Lebens. 
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