tet regelmäßig eine unbestimmte Mehrzahl, hier von Löwen, Wächtern
der Unterwelt, als Grabwächter im Orient und bei den Römern ge—
bräuchlich. Das Blattwerk setzt sich um die Ecke biegend auf der suüd—
lichen Seite des Kämpfers fort.
Hier sehen wir in der unteren ZBone nicht irgend eine beliebige
Haarschneideszene, sondern eine biblische Geschichte (Richter, K. 6). Daß
es sich wirklich darum handelt, daß Delila die in der Schrift genannten
sieben Locken des Samson schert, der „im Schoße Delilas eingeschlafen
ist⸗, hat der Bildhauer deutlich genug angezeigt: über der rechten
Schulter Samsons sehen wir vier, neben der linken Hand, in die der
Held sein Haupt stützt, da er schläft, hängen drei zopfartige Locken herab.
Vers 19: „Sie rief nach einem Schermesser und schnitt ihm die sieben
Locken seines Hauptes ab; da ward es mit ihm schwächer und seine
Kraft wich von ihm“. Diese Szene warnt vor leichtsinniger Aufgabe der
guten Vorsätze, die zum Verderben, in die Gefangenschaft führt. Von
dem Pflanzenornament daneben gilt das oben Gesagte.
In der oberen Zone zerren Höllendrachen mit ihren Zähnen und
den Schlangenköpfen ihrer verknoteten Schwänze an den vier Beinen
einer Kröte, wie um ihre Beute streitend. Die Kröten gelten im Volks—
glauben als unerlöste Seelen.
Der erste Säulenkämpfer dieses Joches trägt auf beiden Seiten
Pflanzenornament. Auf einer Seite aber sehen wir oben in der Mitte
die Andeutung des Wassers durch ein Wellental. Auf beiden Seiten ist
unten ein geperlter Bogen, unter dem ein Pflänzchen sproßt. Solche
Bogen, Arkaden, bedeuten, daß das darunter Befindliche verborgen,
arkan, ist (Chur, a. a. O.), hier die Unterwelt. Am zweiten Säulen—
kämpfer verfolgen auf der nördlichen Fläche zwei Hunde einen Hasen,
das oft wiederholte Thema des vom Tode gehetzten Menschenlebens.
Auf der Südseite hat sich der Hase geduckt, die Hunde jagen über ihn weg.
Das sind Bilder aus dem Vorstellungskreise der wilden Jagd, die
immer unterweltliche Bedeutung hat.
Am folgenden Pfeiler des westlichen Eingangs in den Hof sehen wir
am nördlichen Kämpfer den Wassermann, den Beherrscher des Lacus,
der Tiefe, der die Schlangenköpfe seiner zwei Schwänze den Köpfen
der beiderseits lagernden Löwen entgegenhält: ein Bild des ewigen
Unfriedens im Reiche der Höllenbewohner. An der Stirnwand über der
Pforte zum Hof hat der Bildhauer sich oder vielmehr seinem Beruf und
seiner Kunst ein Denkmal angebracht: der Steinmetz an der Arbeit.
Südlich am Torpfeiler bringt das Kämpferbild eine Affengruppe,
ein Paar fressend, ein anderes lausend; die außen sitzenden Affen sind
mit Stricken um den Hals an den Rundstab unter der Deckplatte gefes—
selt, es sind also Gefangene der Unterwelt gemeint. Der Affe ist das
Bild des gottäffenden Teufels; affenähnlich, zur Häßlichkeit des men—
schenähnlichen Affen entstellt, werden Menschen, die sein wollen wie
Götter. Ein solcher angebunbener, fressender Affe ist im Höflein der
alten Abtei in Schaffhausen als Pfeilerrelief bei der Treppe. Auch die—
ser Affe sitzt, er ine mit seinem rechten Bein. Die vielen Männchen
der romanischen Bildnerei, die manchmal an den antiken Dornauszie—
her erinnern, sitzen so da mit den Zeichen unendlicher Langeweile in
der Gefangenschaft der Unterwelt.
Am ersten Säulenkämpfer nördlich hält ein Bär einen Hund mit
den Pranken fest und beoͤroht, rückwärts blickend einen fliehenden
hund. An der Südseite hat der Bär eine Ziege niedergeworfen. Am
zweiten Kämpfer trägt der Bär aufrecht gehend die tote Ziege auf seinem
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