Die Lindwurmkämpfer der Heldensage 95
nicht in der gewaltsamen Art, wie später die Frankenkönige diese
Stellung ausfüllten. Anfänge eines gesamtdeutschen völkischen Be—
wußtseins sind überhaupt älter als gemeiniglich angenommen wird.
Als Magnentius, der Oberst der germanischen CLeibwachen, im Jahre
350 zum Kaiser ausgerufen wurde, schlossen sich ihm die rechtsrheini—
schen Franken und Sachsen an. Mittelbar ist das Vorhandensein eines
gewissen gesamtdeutschen Bewußtseins auch schon aus den Schilderun—
gen von Cäsar und Tacitus zu entnehmen. Sowohl Tacitus wie Cäsar
können kaum so eingehende
Kenntnisse von Sprache und Art
der deutschen Stämme gehabt
haben, daß sie in dieser Vielheit
die Einheitlichkeit so klar hätten
erkennen und so scharf hätten
aussprechen können, als sie es
tatsächlich tun. Das ist eigent—
lich nur aus einem ihnen bei
den Germanen selbst entgegen—
getretenen Gefühl der Gemein—
samkeit verständlich. Auch was
Cäsar von den Trevireren be—
richtet, daß sie zwar nach Art
und Anschauungen mehr gallisch
seien, sich aber als Germanen
—
nehmer gälte, beweist ja offen—
bar das Vorhandensein eines ge⸗
meingermanischen Bewußtseins.
— Das ruhmvolle Ostgoten⸗
reich ist dann bald zugrunde ge—
gangen an allzu weit gespannten Abb. 18. Säulenkopf vom Münsterchor in Basel.
Aufgaben und an allzu großer Nachgiebigkeit gegen die südlich—
mittelmeerländische Gesittungs und Lebensform.
Im Ostteil des Mainzer Doms ist an einem Säulenkopf ein
Drachenkämpfer dargestellt. Es kann nicht der heilige Michael ge—
meint sein, weil dessen notwendige Abzeichen und Beigaben, vor
allem die Flügel, fehlen. Es kann auch nicht der heilige Georg ge—
neint sein, weil diesen, den Georg von Kappadozien, die Überliefe—
rung zu der frühen Zeit, aus der der Mainzer Ostbau stammt, noch
nicht zum Drachenkämpfer gemacht hatte.
Am Baseler Münsterchor ist an einem Säulenkopf dargestellt,
wie ein Ritter, in der Waffentracht der Zeit, einem Anderen, der