Die Lindwurmkämpfer der Heldensage
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an, daß der Künstler einen ganz bestimmten Vorgang im Auge gehabt
haben muß.“ Georg Weise will in dem Andlauer Drachenbekämpfer
ebenfalls Dietrich von Bern erkennen, der in der Heldensage des
Oberrheins besonders beheimatet ist; seine Volkstümlichkeit wurde
sicherlich gefördert durch die staatlich-völkischen Beziehungen der
Abb. 20. Fries in Andlau. Aus den Monatsheften füär Kunstwissenschaft 1920.
Alemannen zu Theoderich dem Großen. Die Alemannen nannten
eine Stadt ihm zu Ehren Theodoricopolis. Ob freilich die
gewaltigen heute noch sichtbaren Befestigungen des Hohenneuffen
wirklich von dem Gotenhelden errichtet sind, wie Eduard Paulus
behauptet. bleibe dahingestellt.
Der südgermanische Ursprung der Thidreksage ist zweifellos, auch
wenn es der isländische Dichter nicht ausdrücklich erwähnen würde,
daß ihm Westfalen, Männer aus Soest, die Sage gebracht hätten.
„Von zwanzig Heldenliedern der Edda sind nur drei Sagen nordischer,
die übrigen deutscher Herkunft“ (Otto Diriczek, Die deutsche Helden—
sage 5. 52).
Verfasser der Thidreksaga ist „ein Nordländer — ob Isländer
oder Norweger, ist umstritten — aus der ersten Hälfte des 13. Jahr—
hunderts, dem von Haus aus die deutschen Sagen etwas fremdes sind“
vgl. Hans Friese, Thidreksaga und Dietrichsepos, 1014, in der Samm—
lung Palästra). Dieser neueste Bearbeiter der Thidreksaga kommt zu
dem Ergebnis, „der Nordländer hat die Persönlichkeit Dietrichs nicht
verstanden“. „Dietrich von Bern, der seit langem der Held der
Deutschen ist, gegen den selbst der fränkische Siegfried verblaäßt;
Dietrich von Bern, der so friedliebend ist von Haus aus und den
Kampf solange zu vermeiden wünscht, daß er selbst dem Anschein und
dem Vorwurf der Zagheit sich aussetzt, der aber dann, wenn seine
Duldsamkeit zu Ende ist und der Berserkerzorn ihn erfaßt hat, un—
überwindlich ist. Bei der Thidreksaga liegt klar vor Augen, was aber
auch für den größten Teil der Edda zutrifft, daß ihr wesentlicher
Inhalt aus Deutschland stammt; nur der Umstand, daß die VNord—