los
Gottesurteile
heute üblichen Knicker denken. Er hat in Süddeutschland
eine sehr lange Vergangenheit (vgl. Max von Chlingensperg-Berg,
Das Gräberfeld von Reichenhall). „Einen wesentlichen Teil des
Waffenvorrats unserer Gräber“, aus dem Anfang des 6. bis Anfang
des 8. Jahrhunderts, „bilden außer diesen typischen germanischen
Schwertern eine Menge im Griffe feststehender Messer, welche häufig
an dem rechten Oberschenkel des Toten liegen; es sind dieselben
Messer, wie sie gegenwärtig an gleicher Stelle in einer besonderen
Hhosentasche“ (wir fügen hinzu, im Stiefelschaft) „von unseren
Jägern und der bäuerlichen Bevölkerung als Waid- und Raufmesser
owie für den Hausgebrauch allgemein getragen werden“.
„Auf wessen Seite das Recht steht, der soll siegen und nun
mögen sie kämpfen“ (ut cujus sit justitia, ipsius sit victoria;
ot pugnent). So heißt es im alemamischen Volksrecht, wo vom
Gottesurteil durch Zweikampf die Rede ist. Es lag, wie gesagt,
nahe, den Ausgang des so aufgefaßten Zweikampfes an einer Kirche
zu verewigen; zur Erbauung und Warnung; wenn auch das Gottes
urteil durch Kampf noch aus heidnischer Zeit stammt (Brunner).?da)
Ein Beispiel dafür ist auch die schon erwähnte größte und
nit Recht berühmteste aller derartigen Darstellungen, das Bild—
werk des Naumburger Domchors. Hier sind die Zuschauer
geradezu die Hauptsache und der Ausdruck ihrer Empfindungen
der eigentliche Gegenstand, der den Künstler reizte. Er stellte
nicht den eigentlichen Kampf dar, sondern deutet uns nur den
Ausgang an durch die Gestalt des Unterliegenden mit der Unter—
chrift Dietmarus comes occisus, der gefallene Graf Dietmar.
Seine vollendete Meisterschaft wendet dieser größte deutsche Bild—
hauer, dessen Namen wir leider nicht kennen, nur der Aufgabe
zu, den leidenschaftlichen seelischen Anteil der Kampfzeugen in ihren
Mienen und Gebärden zum Ausdruck zu bringen. In einer wunder—
baren, schlechthin vollendeten Weise hat der Künstler dies in den
beiden Gestalten des Ekkehard und der Uta von Meißen zu erreichen
gewußt; in der großartigen Gestalt des Ekkehard, der ruhig und
in geschlossener Haltung dasteht, und dem man die tiefe Erregung
aur am Munde und an der sichtlich, trotz ihrer äußeren Ruhe,
nur mit einer gewissen Muskelanspannung erreichten Festigkeit der
Uörperhaltung anmerkt; in der Gestalt der Uta, der es sichtlich
graut vor dem Blute, das sie gleich fließen sehen wird und die schon
triebhaft eine Bewegung nach ihrem Mantel macht, um sich das
no4) Pgl. den auch religionsgeschichtlich sehr bemerkens werten Aufsatz des Deutsch⸗
rechtlers Ernst Mayer in Würzburg, Der Ursprung der germanischen Gottesurteile,
in Seeligers hist. Vierteljahrsschrift 1920.