Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Die drei Abgötter 
übrigen immer nur eine christlichdogmaätische, alttestamentarische oder 
antike Erklärung sucht und die Möglichkeit, daß hier einheimische 
deutsch⸗nordische Vorstellungen vielleicht einen Niederschlag gefunden 
haben könnten, überhaupt nicht erwägt. Das Tier spricht auch 
Fastenau als einen Bock an; ebenso die beiden Tiere der Südseite. 
Meines Erachtens stellen alle gehörnten Tiere auf den drei Seiten 
Böcke vor. Die gehörnten Tiere an der Westseite will der erwähnte 
Beurteiler für Antilopen halten und bringt dazu die Beschreibung 
des „Antholops“ aus dem Physiologus, jener mittelalterlichen Ab— 
handlung über fabelhafte und wirkliche Tiere. Was bedeuten nun 
aber vor allem die drei bärtigen Männer in langen Leibröcken 
mit den Gürteln? 
„Auf der Hirsauer Kirche zeigt sich als Sinnschmuck kein anderer 
als der alte Wodan mit Kraftgürtel und Sonnenrad, der Herr über 
das All und das Feuer“ (B. Hanftmann, Hessische Holzbauten, Verlag 
Elwert, Marburg). Hanftmann ist nicht im eigentlichen Sinne ger— 
manistischer Fachmann; aber wer ist eigentlich der berufene Fachmann 
für solche Untersuchungen? Es fehlt uns eben noch eine mittel— 
alterliche Denkmälerkunde (Archäologie). Hanftmann ist ein Bau— 
mneister, der sehr viel gesehen und verglichen hat. Er ist also im 
Grund mehr Fachmann für diese Frage der Denkmälerforschung, 
als der regelmäßig für zuständig erachtete Germanist, der im wesent— 
lichen sprachgeschichtlich vorgebildet ist. 
Ich schließe mich der Meinung an, daß die drei Gestalten 
Unholde, Abgötter darstellen sollen; aber nicht so, daß etwa die Ur— 
deber dieser Bildnereien durch die Darstellung ihr heimliches Heiden— 
tum hätten bekennen wollen (wie Hanftmann meint) 
Hanftmann schreibt a. a. O.: „Die vorgotische Zeit sah im Aleman— 
nischen Scharen von langobardischen Bauleuten. Der Hauptgott der 
Cangobarden war ehedem Wodan und hier im Lande früherer Ziu— 
diener glaubten sie wohl unerkannt und ungestraft früherer Göttermär 
ein Denkmal setzen zu können. Wer weiß zudem, was damals noch in 
der Brust dieser germanischen Muß-Christen lebte.“ Sondern die 
Anbringung der Gestalten und der Sinnbilder der Sonnenverehrung 
— 
unschädlich gemacht werden sollten. 
Man wollte Mönche in den drei Bärtigen sehen. Man mußte 
war gleich hinzusetzen, daß die Benediktiner keine Bärte trugen und 
erblickte daher in den bärtigen Gestalten die in Hirsau zuerst nach— 
weislichen (s. v. Hofmann a. a. O.) Laienbrüder am Bau; die 
Fratres barbati. Diese Deutung hat etwas sehr unwahrscheinliches.
	        
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