Gnomen und KNobolde
171
Am Turm, um den hoch oben unterm Dachgesims die wilde
Jagd braust, stehen an zwei Stellen langbärtige Gestalten, die
eine in langem Mantel, ähnlich den Hirsauer Abgöttern. Sie
sollen sicher auch abgöttische Dämonen vorstellen; in einer gewissen
Zwischenstufe zwischen den Hirsauern und den Gnomen; nicht mehr
so gefürchtet wie jene; noch nicht so weit herabgewürdigt wie diese
svgl. den vorigen und den übernächsten Abschnitt).
Die Vorstellung von der wilden Jagd, — daß Wodan die Seelen
der Gottlosen im Sturmgebraus ruhelos durch die Lüfte führt, — ist
AUbb. 60. Säunlenfuß aus Markt-Oberdorf: Nationalmuseum Mänchen.
heute noch dort im Volke lebendig; Wuths Heer heißt es in Ober—
kochern, bei Aalen, nicht allzuweit von Gmünd.
Die Tatsache, daß diese Vorstellungen noch in unserem Volke
leben, ist ja an sich bekannt und zuerst durch die Grimms, Panzer,
Simrock, Wolf und andere mitgeteilt geworden. Neuerdings bringt
die Volkskunde neuen Stoff dazu. „In der Osnabrücker Gegend sagen
die Bauern, wenn sie an einem wogenden Getreidefelde vorbeikom⸗
men, „Der Wode geht durchs Korn'““ (Korndämonen, Beilage der
Süddeutschen Zeitung vom 28. Juli 192).
Die Erbauer der Johanniskirche in Gmünd mochten ihre Gründe
haben, daß sie die feindlichen Dämonen so vielfach im Bilde be—
kämpften. Der Kessel im Remstal, in dem sich heute die schöne alte
Stadt mit ihren Kleinoden deutscher Baukunst und Bildhauerei so
behaglich breitet, mag eine besondere Stätte vorchristlicher Götter—
verehrung gewesen sein. Die in den Fels gehauene Salvatorkapelle
tammt in ihrer jetzigen Gestalt aus dem 17. Jahrhundert. Damals