Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Gnomen und Kobolde 
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Der Formgedanke der ihre Fischschwänze in die Höhe haltenden 
Wasserfrau ist von Schwind sicher übernommen. Diese Gestalt findet 
sich sehr häufig an alten Bauten; so beispielsweise an den wunder— 
vollen spätgotischen Holztüren der Stiftskirche in Altötting; besonders 
reizwoll als Krönung der Brunnensäule am Fräuleinbrunnen in 
Bietigheim. Daß dieses Gebilde nicht rein der Fierlust des Künstlers 
entsprungen ist, sondern ursprünglich irgendwelche Bedeutung im 
Volksglauben hat, ist sicher. Allein schon die Festigkeit und große 
Verbreitung dieses Formgedankens beweist es. Man hat diese Wasser— 
frau mit den aufwärts gebogenen Fischbeinen als eine Darstellung 
der Sinneslust gedeutet. Worauf sich das gründet, ist mir unbekannt. 
Auf der Brunnensäule in Bietigheim steht das Wasserweibchen 
mit den nach oben gestellten, mit den Händen gehaltenen Fisch— 
beinen. Dieses Wasserweibchen ist besonders volkstümlich; sein far— 
biger Schmuck wird von altersher stets erneuert, wenn er verblaßt ist; 
anders als bei anderen Brunnengestalten, deren frühere Vielfarbig— 
keit lange Zeit vergessen war. Alemannien ist besonders das CLand der 
schönen Brunnen und der Brunnensagen; wie die noch von Möricke 
neuerzählte Geschichte von der schönen CLau im Blautopf bei Blau— 
beuren. Vielleicht haben die geheimnisvollen und das Gemüt be— 
greiflicherweise tief beeindruckenden Quelltöpfe ihrer heimatlichen 
Alb, wie Blautopf, Brenztopf, Achtopf, die Alemannen in dieser 
Richtung beeinflußt; vielleicht auch die Wasserarmut der Alb. 
Die reizwvolle Gruppe der Wasserbewohner am Freiburger Mün— 
ster versucht man aus dem Alexanderroman zu erklären; sicher stammt 
wohl der König im Greifenwagen in Remagen, in Freiburg i. Br.daher. 
Heilbronn hat seinen Namen von einem Quellenheiligtum, 
Heiligbrunnen. 1000 Südlich vom Kirchhof in Hildrizhausen, Oberamt 
Hherrenberg, fließt ein „Sechsröhrenbrunnen, dessen Wasser aus dem 
ein Kilometer westlich vom Dorf entfernten Heil- oder Heiligbrunnen 
kommt“ (Oberamtsbeschreibung). 
Der Teufel ist ursprünglich mittelmeerländisch-semitischer Her— 
kunft; aber, wie schon Grimm hervorhob, es verwächst dann sehr 
vieles einheimische mit seiner Gestalt; hauptsächlich dadurch, daß die 
Kirche die Verehrung der alten Götter als Teufelsdienst brandmarkt. 
In der oben erwähnten oberdeutschen Abschwörungsformel muß der 
Neubekehrte dem Teufel abschwören; das soll die alten Götter be— 
zeichnen. Der Teufel bleibt aber doch offenbar der Volksvorstellung 
fremder: er wird so schreckend und unangenehm wie möglich dar— 
10o) v. Rauch, Führer durch die Sammlungen des historischen Museums, Heil—- 
bronn 1917: „Erst die Alemannen erhoben die Quelle zur Opfer- und Kultstätte ... 
Ungefähr 240 Jahre blieben die Alemannen im ungestörten Besitz.“
	        
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