Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Die ritterlichen Heiligen 
Michel heißt im Altdeutschen stark; so ließ sich auch der fremde 
Name des neuen Heiligen durch eine kaum merkliche Veränderung 
mit den alten Vorstellungen von dem siegreichen Mitkämpfer in 
Einklang bringen. 
„Einstmals kam Kaiser Heinrich ... in St. Michaels Kapelle 
und bat Gott mit großer Andacht. Da kam unser Herr Jesus Chri— 
stus, ein gewaltiger Gott, mit einer großen Schar und mit großer 
Schönheit . . . und beging das Amt . . .“ Als der Engel nun auf den 
Wink unseres Herrn mit dem Buch zum Kaiser kam, damit er es 
küsse, wie unser Herr getan hatte, „da erschrak der Kaiser und meinet, 
er wär nicht würdig, das Buch zu küssen. Da griff ihm der Engel 
auf seine Hüfte und sprach: Kaiser, stand auf, und nimm die Gnad 
von Gott, wann er vergönnet sie dir. . . Und also ward der Kaiser 
hüftlos. Das litt er gern durch Gottes Willen“ (Nürnberger Hei— 
ligenbuch von 1488). 
Und seitdem hinkte der fromme Kaiser Heinrich der II., wie es 
zetreu dargestellt ist in seiner lieben Stadt Bamberg, an der Domtüre. 
Der andere Reiterheilige, Martin, war in den Ländern nördlich 
der Alpen der verbreitetste Heilige. „Martin genoß während des 
Mittelalters im westlichen Abendland eine beispiellose Verehrung, 
mit der eben nur noch Petrus und die Muttergottes es aufnahmen.“ 
Martin verwächst in Deutschland mit Wodan. „Die Verschmel— 
zung lag um so näher, als beide, der Gott und der Heilige, von sich 
aus mit Mantel, Roß und Schwert gedacht werden . . . Die Mar— 
tinsgans bildet mit dem Martinshorn und dem Martinswein die 
Martinslust, die deutliche Fortsetzung der alten Opferschmause“ (Ber⸗ 
noulli a. a. O. s. 208/2009). 
Georg wurde der besondere Volksheilige von England; Martin 
der von Frankreich und der besondere Schutzheilige der Deutschen 
wurde der hl. Michael; die Reichsfahne trug sein Bild. „Im frühen 
Mittelalter spielten die Hauptrolle Georg, Michael und Martin“ 
Georg Grupp, Kulturgeschichte des Mittelalters Bd. 3 5. 410). 
So hatten sich das deutsche Mutterland selbst sowie seine frän— 
kische und seine angelsächsische Siedelung, Frankreich und England, 
die bis zu den großen Keltenaufständen, nämlich der französischen 
Revolution von 1789 und der englischen Revolution von 1088, auch 
noch im wesentlichen germanisch geleitet waren, je einen der ritter— 
lichen Heiligen als besonderen Schutzheiligen ausgesucht. Das ent— 
sprach nur der Tatsache, daß die Grundzüge der Staats- und Cebens— 
auffassung dieser drei Gemeinwesen nordisch, germanisch waren; 
auch Frankreichs trotz seines lateinischen, mittelmeerwärts gewen— 
deten Südens. Das wandte sich erst, als die rassisch gemischte Unter—
	        
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