Der wilde Jäger
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Abb. 68. Von der Westseite der Johanniskirche zu Gmünd.
Aus Paulus, Kunst- und Altertumsdenkmäler in Württemberg.
aber sicher dem Fürsten Bismarck weder an
geistiger Kraft noch an sittlichem Cebens—
wandel, noch an innerem religiösen Erleben,
das bekanntlich bei Bismarck sehr stark war,
überlegen. Die Kirche lehrt ja auch amt—
lich ausdrücklich, daß die Heiligen nur Für—
sprache einlegen können bei Gott, damit er
uns helfe, nicht selber helfen können; etwas
anders ausgedrückt: daß das lebhaft emp—
fundene Vorbild eines Helden oder Heiligen
uns zu starker Tat, zum „Guten“, über uns
selbst hinaus heben kann.
An der schon erwähnten Johanniskirche
in Gmünd finden sich Darstellungen des wil—
den Jägers und seines Gefolges an drei
Stellen; an der Westseite ein Jäger zu Fuß
mit zwei Hunden und dem von ihnen gejagten
hirsch; an der Südseite die schon erwähnten
jagenden Hunde und der Reiter mit der Canze;
und schließlich jagen um das obere Stockwerk
des Turmes wiederum die Gestalten der
wilden Jagd hinter dem Hirsch her.
Der Zusammenhang des wilden Jägers
mit Wodan ist im übrigen gesichert; und
zwar vielfach noch durch den Namen des
führers der wilden Jagd. Freilich wächst
dann dieser Führer später auch, wie schon
erwähnt, mit anderen geschichtlichen Gestalten
zusammen. Von dem inschriftlich als Diete—
rich von Bern bezeichneten wilden Jäger in
Verona war schon die Rede.
Die Kirche mußte die abgesetzten Götter
zu bösen Geistern, zu Unholden machen. Sie
verbindet sie mit unreinem oder sonst irgend—
wie verhaßtem Getier, wie Böcken, Eulen; die
alten Götter müssen nun auf elenden Schind—
mähren reiten; ihr Gefolge besteht aus scheuß—
Abb. 69. Von der Suüdjeite der
Jobanniskirche in Gmünd.