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Der wilde Jäger
lichen Gerippen, wie dem Tod oder aus halbtierischen, bocksfüßigen
teuflischen Wesen. Der müde, magere Gaul, der, umgeben von
Sinnbildern der Nacht oder des Schlachtfeldes, wie den Raben, ein
Gerippe oder den unholden wilden Jäger trägt, ist durchaus eine
Schöpfung der nordischen Gestaltungskraft. Von dem Dürerschen
Gaul auf der Londoner Seichnung führt ein erkennbarer Zu—
ammenhang zu dem Tode auf dem Leichenhügel von Alfred
Abb. 70. Otto Ubbelohde, der wilde Jäger. (Aus „Von Bolden und Unbolden“)
Rethel, und zu dem wilden Jäger Ubbelohdes; das Pferd des
Böcklinschen Abenteurers und des Stuckschen Krieges sind auch
noch späte, freilich recht geschwächte Nachkommen jener gewaltig
eindrucksamen Dürerschen Gestalt (Cübke-Haack. Kunst des 109. Jabhr—
hunderts 5. 137).
Der Rabe kann als eine Art Wegmarke dienen, für die nordische
Herkunft einer Überlieferung. Der Rabe ist der Vogel des Schlacht—
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und der dürre Gaul, die Gestaltungskraft des nordischen Menschen,
der den Tod weniger fürchtet. Das hängt mit den tiefsten Unter—
schieden der beiden Kulturformen zusammen. Die nordisch-germa—
nische Gesittungsform ist wesentlich auf Gesinnungswerte, ethisch,
gerichtet; die mittelmeerisch-hellenistische dagegen auf Geschmacks—
kultur, auf ästhetische Werte (Sören Kierkegaard); sie will des—
n104) „Die Vögelbrakteaten sollen Odin symbolisieren“; Seger, Unter Brakte—
aten, bei Hoops, Reallexikon.