Der wilde Jäger
207
halb unangenehme, schmerzliche Eindrücke möglichst vermeiden oder
wenigstens mildern. Davon wird noch in einem größeren Zu—
sammenhang die Rede sein.111)
Durch die christliche Kirche wurden die alten Götter entweder zu
Unholden, Gnomen herabgedrückt oder sie wurden in christliche
heilige verwandelt und so in den neuen Himmel aufgenommen.112)
An der Südtüre der Johanniskirche in Schwä—
bisch⸗Gmünd findet sich folgende Darstellung. Oben
sitzt Maria mit dem Kinde in ganz ruhiger, steifer
Hhaltung; künstlerisch sehr unzulänglich. Unter ihr
sind, in sehr viel flacherem Relief und ganz anderer
künstlerischer Auffassung, aber offenbar aus der
gleichen Zeit jagende Hunde, ein Reiter und eine
sogenannte langobardische Bandverschlingung ge—
geben. Die Darstellungen oben und unten sind
offenbar absichtlich gegensätzlich gebildet. Hier kann
man nicht einwenden, was man mit Grund gegen
verschiedene Erklärungsversuche des Regensburger
Schottentors einwendete und was ich oben gegen
eine Hirsauer Deutung einwende, daß eine ur—
sprüngliche Auffassung die herrschenden Gottheiten
vermutlich in der Darstellung nicht in gleicher Reihe
und sozusagen im gleichen Range mit den besiegten
bösen Geistern darstellen würde. Hier in Gmünd
ist der Abstand deutlich gewahrt; wie schon er—
wähnt; sowohl in den Maßen und der Höhe des
Flachbildes, wie in der künstlerischen Auffassungs—
weise. Das letztere ist vielleicht besonders merk—
würdig. Während die Mutter Gottes sehr steif
und fast ganz ohne eigene Naturbeobachtung des
4
un) Ich darf noch einmal darauf hinweisen, daß die vereinzelten Binweise auf
allgemein kulturgeschichtliche Zusammenbänge und selbst auf allgemein geschichtleche
Dinge hier nicht Abschweifungen vom Gegenstande sind. Nach Meinung des Ver—
fassers ist die deutsche Denkmälerforschung nur eine Hilfswissenschaft der deutschen
GBeistesaeschichte. Es ist aber wichtig, diesen Umstand auch bei der Einzeluntersuchung
ttets im Auge zu behalten, weil sonst die Denkmälerforschung leicht zu einem bloßen
Sammeln von Einzelheiten und Seltenheiten wird; eine Gefahr, der die griechifch—
römische Archäologie zeitweilig unterlegen ist. Über „die Archäologen, die nach der
Mutter der Hekabe forschen“, spottete schon Tiberius, der Meister im vernichtenden
hohnwort, der einer Gesandtschaft aus Troas, die ihm, seiner Meinung nach verspätet,
ihre Teilnahme an einem TCodesfall in der kaiserlichen Familie ausdrückte, mit ernstester
Miene seine hohe Teilnahme aussprach zu dem höchst bedauerlichen Hinscheiden ihres
berühmten Landsmanns Bektor.
t12) Dieser Zusammenhang ist natürlich vielfach verwischt; verhältnismäßig
deutlich glaubt ihn E. K. Rochholz, Drei Gaugöttinnen: Walburg, Vexrena und
Bertrud als deutsche Kirchenheilige, erkennen zu können in dem durch die Überschrift
des Buchs bezeichneten Einzelfallf.