Sonnenverehrung
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ders heiliger Berg“ (Eduard Paulus, Kunst- und Altertumsdenk—
male in Württemberg, 5. 400).
An der Spitalskirche der Tübinger Unterstadt sind merkwürdige
Steinbilder eingemauert; sie lassen keinerlei christliche Deutung zu.
Zzwar hat man auch hier solche versucht; „die beiden, aufgerollten
Seilen ähnlichen Darstellungen sind vielleicht als Fallstricke aufzu—
fassen und als Attribute des Satan zu deuten, der den Gerechten
aachstellt“ (Fastenau). Das ist rein erdacht; und für die wichtigste
und auffälligste Darstellung, die aufgehobenen Hände zwischen den
neinandergeordneten Kreisen, wird eine Erklärung nicht versucht.
Die steinernen Flachbilder an der Spitalskirche sind zweifellos
älter als der gotische Bau, in den sie eingemauert sind. Die oben
besprochenen Bildnereien an der Schwärzlocher Kapelle sind, wenn
auch vorchristliche Vorstel⸗
lungen in ihnen lebendig
sind, doch sicher in christen—
freundlichem Sinne ge—
neint; sie wollen die alten
GHötter, auch wenn man
sie noch fürchtet, bekämp—
fen. Mit den Flachbildern
an der Spitalskirche muß
es anders liegen.
Schon die Oberamts⸗
beschreibung von Tübin—
zen deutet die erhobenen
Hände zwischen den drei
Kreisen als Darstellung
einer vorchristlichen Son—
nenverehrung; freilich noch ohne irgend welche nähere Begründung
und Erläuterung.
Die jetzige Aufstellung der Steinplatten, die freilich, wie gesagt,
icher nicht mehr ursprünglich ist, liegt nur tausend Schritte entfernt
von Schwertsloch, dem Walde des Ziu nach der Uhlandschen Deu—
tung. Ziu, Zeus hängt als der oberste Himmelsgott mit dem Him—
melslicht zusammen. „Alles ergibt für Tyr, den Ziu der Schwaben,
den Er der Bayern, den Sarnot der Sachsen den Sinn des leuch—
tenden Himmelsgottes“ (Simrock, Deutsche Mythologie, 5. 71). Es ist
denkbar, daß die Platten an der Spitalskirche unmittelbar mit
Schwärzloch zusammenhängen, d. h. daher stammen. Es ist aber eben⸗
sogut ein loserer Zusammenhang möglich, nur im Sinn der eben an—
geführten Paulusschen Vermutung über die gottesdienstliche Bedeu—