Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

Sonnenverehrung 
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An der gotischen Walderichskirche bei Murrhardt, württem— 
bergischer Neckarkreis — nicht zu verwechseln mit der spätromani— 
schen Grabkapelle des hl. Walderich ebendort —, ist ein Bogenfeld 
eingemauert von einem früheren Bau. Es zeigt, umrahmt von 
romanischem Fierwerk, drei größere Kreise. Der obere und mittlere 
zeigt das Lamm Gottes. Im Kreise links vom Beschauer aus 
ist der Oberkörper einer Gestalt dargestellt; sie hält die eine Hand 
wie abwehrend; die andere führt den Weihwedel; sie spritzt damit 
in Richtung auf die gegenüber liegende rechte Seite des Bildwerks. 
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Abb. 78. Bogenfeld aus staufischer Zeit, 
außen eingemauert an einer gotischen Kirche in Murrhardt. 
Dort ist in dem dritten Kreise ein achtzackiger Stern mit linsenför— 
migen Strahlen dargestellt; rechts unten in der Ecke ein langhaariger, 
bärtiger Kopf. Es ist mir nicht zweifelhaft, daß die Darstellung der 
rechten Ecke, der sechszackige Stern und der bärtige Kopf, gegen die 
der Priester den Weihwedel in Bewegung setzt, Sinnbilder des 
Hheidentums sein sollen; der Stern ist das Sinnbild der Sonne; der 
bärtige Kopf bezeichnet den Priester des Sonnendienstes; er sieht dem 
abschwörenden Heiden in Regensburg (s. s. 1608) sehr ähnlich an 
haar- und Barttracht. 
Das Heidnische an dem Bilde wurde auch noch zu gotischer Zeit 
empfunden; deshalb mauerte man es an der Außenwand ein und brachte 
später, genau wie an dem vorchristlichen Steinbild von Bietenhausen, 
wie an dem heidentumsverdächtigen Steinbild in Holzkirchen bei Wert— 
heim die lateinische Inschrift an. Das CLamm mit dem Kreuz, das sich 
umsieht, ob ihm die Herde folgt, ist bekanntlich ein ganz feststehendes und 
pielfach vorkommendes Sinnbild. Aber auch die etwas breitere Ausge— 
sttaltung des zugrunde liegenden Gedankens, die uns in dem Murrhardter 
flachbild begegnet, kommt mehrfach vor; zwar nicht so häufig wie das
	        
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