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Deutsche Denkmälerforschung
mit Recht besonders darauf hin. Und jedenfalls dann, wenn die
Geschichtschreibung oder die Deutschwissenschaft ausdrücklich Denk—
mäler zu Beweisen heranzieht, müßte sie es mindestens in ihrer
fassung erkennbar machen, ob der Verfasser sich das Denkmal selber
angesehen hat oder nur auf Grund von mittelbaren Quellen,
mangelhaften Abbildungen oder Berichten urteilt.
„Es dürfte“, schreibt Friedrich Kaufmann, am ebenangeführten
Ort, „wenn wir Sprache und Literatur mit allen anderen, naiven
und künstlerischen Formen des deutschen Cebens durch den Stil—
begriff verketten, die Archäologie als Mittlerin an erster Stelle be—
cufen sein. Ich habe daher, alter verständiger Mahnung ge—
horchend, der Archäologie nicht bloß aus Büchern, sondern auch
durch Wanderung in den weit zerstreuten Museen mich zu be—
mächtigen versucht, um für die älteren Zeiten deutschen Volks—
lebens und für die anonymen Perioden des Altertums nicht bloß
meine grammatischen, literarischen und folkloristischen Erfahrungen,
sondern zugleich die archäologischen Denkmäler verwerten zu kön—
nen“. — (Bol. auch Ed. Norden, Die germanische Vorgeschichte
in Tacitus Germania, 1920, 5. V.)
Die Bedeutung der eigentlichen Denkmälerforschung und zu—
gleich die Nachteile ihrer bisherigen Vernachlässigung können schließ—
lich noch an einer sehr bekannten und volkstümlichen Frage der Ge—
schichtsforschung überzeugend erläutert werden; an der Frage nach
dem Schauplatz der Niederlage des Varus. Vor einigen Jahren
wurde die neunzehnhundertjährige Wiederkehr des Tages gefeiert,
an dem es sich entschied, daß Europa nicht in der sterbenden semi—
tisierten Gesittungsfform der Mittelmeerländer untergehen sollte,
ondern von seinem Nordseeabhang aus und mit einer germani—
schen Völkergrundlage eine neue, auf einer neuen Gesinnung aufge—
baute Gesittung erleben sollte: die christlich«germanische Geistes—
welt. Diese neue Gesinnungsform konnte nur auf dem Boden
der frischen Völker entstehen. Das bald orientalisierte Christen—
tum der Mittelmeerländer, die ja übrigens auch vom siebenten
Jahrhundert ab zum größten Teil an den Islam) verloren gin—
gen, hätte diese neue Grundlage nicht schaffen können. 5)
9) B. Welzhofer, Buddha, Jesus, Mohammed, S. 284. „Der Islam wurde
durch die schärfere Betonung des Monotheismus sogar dem Christentum überlegen,
dem er in der Tat weite Gebiete entriß. Aber in der Neuzeit ist diese Überlegen—
heit dahingeschwunden“.
58) Ein sozialdemokratischer Schriftsteller jüdischer Abstammung schrieb nach unserem
Zusammenbruch von 1918: „Wäre es nicht besser gewesen, wenn Arminius nicht
gesiegt hätte und wir Deutschen wären auch Lateiner geworden wie die Gallier.“ Dieser
Mann weiß sicher selber nicht, wie großen weltgeschichtlichen Zusammenhängen er damit