Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

227 
späterer Zeit noch das fremdartige und unchristliche des Steinbilds; 
es ist nämlich am Rundbogen eine Inschrift angebracht, die nur den 
Zweck haben kann, das Alter und die eigentliche Deutung des Stein— 
bilds zu verschleiern. Die Buchstaben der Inschrift deuten auf späte 
Zeit, etwa 17. Jahrhundert. Obwohl die einzelnen Worte — pecca-— 
tor, vir, femina — lesbar sind, ergibt die Inschrift keinen Sinn. Wir 
lernten oben an dem Beispiel aus Gengenbach kennen, daß die 
Kirche die vorchristlichen Unterlagen, die im Volksglauben und selbst 
im kirchlichen Brauch noch leben, genauer kennt als sie nach außen 
kundgibt. Sie kämpft nur heute mehr im Stillen gegen diese Dinge, 
Abh. 82. Stulptur an der Kirche zu Bietenhausen im ssiörzelbachtal. 
als daß sie sie offen bezeichnet; wie sie mußte, als ihr Sieg noch nicht 
entschieden war. Daß die vorchristlichen Vorstellungen noch heute in 
zanz ähnlicher, ja gleicher Weise, im Volke fortleben wie vor tau— 
send Jahren, wird aus den Ausführungen dieses Buches vielfach 
erhellen. 
Die von Gustav Kossinna, Oskar Montelius, Ernst Krause, So— 
phus Müller und anderen gesammelten Sonnenbilder, um den 
gleichen Mittelpunkt gelagerte Kreise, Sterne, Räder, Hakenkreuze 
usw. sind meist sogenannte vorgeschichtliche; daher ist ihre zeitliche 
Festlegung unsicher. Die Zeit der hier gebrachten Sonnenbilder ist 
zwar auch nicht ganz genau bestimmbar. Aber man bewegt sich mit 
ihnen doch immerhin auf sehr viel festerem Boden. Das Murr— 
hardter Steinbild stammt nach der offenbar gleichzeitigen Umrah— 
mung etwa aus der späteren Staufenzeit. Das Flachbild von Bieten⸗— 
hausen halte ich für merowingisch oder karlingisch. Das wichtigste, 
das Tübinger Flachbild, wage ich allerdings nicht zeitlich festzulegen. 
Daß in dieser Gegend Steinbildhauerei auftritt, bietet vielleicht einen 
entfernten Anhaltspunkt, da die Germanen „kein mauerndes, son—
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.