Sonnenverehrung
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der, Die Felszeichnungen von Bohuslän, das Grab von Kivic usw.,
Veröffentlichungen des Provinizalmuseums in Halle, 1918, 5. 42).
Noch das Lübecker Beichtbuch von 1485 befiehlt, dem Beicht—
kinde die Frage vorzulegen, ob es nicht irgendeiner Kreatur göttliche
Ehre gegeben habe, als der Sonne.
Und wo Sebastian Frank in seinem 1576 erschienenen Weltbuche
oon den bei bestimmten Festlichkeiten, wie auch heute noch, brennend
ins Tal gerollten Rädern erzählt, ist ihm die Beziehung zur Sonne,
also die tatsächlich bestehende, uralte gottesdienstliche Bedeutung dieser
brennenden Räder, sofort gegenwärtig. „Zu Mitterfasten flechten
sie ein alt Wagenrad voll Stroh, tragens auf einen gähen Berg;
umb die Vesperzeit zünden sie das Rad an und lassens mit vollem
Cauf ins Thal laufen, das gleich anzusehen ist, als ob die Sonne
vom Himmel liefe“ (angeführt nach Bernhard Schädel, Über den
Namen und das Rad der Stadt Mainz).
Und man könnte schließlich weiter dafür, daß die Verehrung
für das Himmelslicht noch heute in den tieferen Schichten unseres
Seelenlebens glimmt, die in der letzten Anmerkung angeführte Stelle
von Johann Nepomuk Sepp anrufen und so den Forscher in Glau—
bensgeschichte umgekehrt selber auch als Stoff und Gegenstand der
religionsgeschichtlichen Forschung verwerten. Daß nämlich der am
Ende des neunzehnten Jahrhunderts als gut katholischer Professor in
München gestorbene Johann Nepomuk Sepp einen so merkwürdigen
Ausspruch tun konnte, die Sonnenverehrung bilde ja eigentlich die
uns Menschenkindern natürlichste und nächstliegende Form der Ehr—
furcht vor einer übermächtigen und wohltuenden Macht.