Kreuz und Sonnenrad
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den nun sichere Urkunden dieser Verehrung in Deutschland, wie wir
sie bisher nicht besaßen.
Von nahezu gleicher Bedeutung ist das merkwürdige Steinbild
der Vigiliuskirche in Untermais bei Bozen (abgebildet bei Karl Atz,
Kunstgeschichte von Tirol und Vorarlberg, 2. Auflage, sS. 65). Es
hätte sogar mit dem Murrhardter vor dem Tübinger die annähernd
sichere Zeitbestimmung noch voraus; durch das sagen wir ein—
mal mit Stückelberg lampartische, jedenfalls völlig unantike und
vorgotische Bandgeschlinge neben den Köpfen und dadurch, daß es
als Hälfte eines Türsturzes von einem steinernen Kirchenbau er—
kennbar ist, ist es sicher in die bayerische, christliche Zeit dieser Gegend
verwiesen. Andererseits ist freilich die Bestimmung der beiden Bilder
als Sinnbilder der Sinne nicht so unbedingt sicher wie für die in—
einanderstehenden Kreise des Tübinger Flachbildes. Aber sie ist doch
sehr wahrscheinlich. Atz schließt aus den Wolftatzen an dem einen
Bilde, es sei der Wolf Skol dargestellt, der die Sonne verfolgt, und
schließt daraus, daß der Stein noch heidnisch gemeint gewesen sei.
Dieser letztere Schluß ist meines Erachtens nicht richtig. Wenn, wie
Atz hervorhebt, der Stein noch erkennbar ist als Stück eines Tür—
sturzes — ich kenne den Stein nur aus Abbildung —, dann ist es sehr
viel wahrscheinlicher, er stammt aus schon christlicher Zeit. Denn die
Germanen brachten zwar eine entwickelte Werkkunst im Holzbau mit,
aber nicht im Steinbau, und es ist unwahrscheinlich, daß sie in der
nicht allzu langen Zeit, die sie in diesen Gegenden noch heidnisch
waren, Bauten mit steinern überdeckten Cüren gebaut hätten. Da—
gegen brachte der christliche Bauherr mit Vorliebe am Türsturz die
Sinnbilder des besiegten aber noch weiter zu bekämpfenden Heiden—
tums an. Dafür gibt es viele Beispiele. Das merkwürdigste ist viel—
leicht das Bogenfeld der Stadtkirche zu Pforzheim mit seinem ein—
drucksamen Bilderrätsel (vygl. unten Abb. 91).122)
Bei Matth. Much (von Helfert), Kunsthistorischer Atlas des
österreichischen Kaiserstaats, Wien 1889, Abt. J S. 169, ist ein merk—
würdiger Gegenstand abgebildet aus Erz; er kann keinerlei Ge—
brauchszweck haben; er besteht aus einer festen Scheibe, die mit
ineinanderliegenden Kreisen und an ihrem Außenrand wieder mit
im Kreise angeordneten freistehenden Ringen verziert ist. Er wird
bei Much als ßepterartiger Gegenstand bezeichnet und er kann auch
Oberland, S. 18, 170. 2. Teil, Unterland, s. 127, 196, 320, 358. Führer durch die
Staatssammlung in Stuttgart, Tafel IV, Ar. 37; vgl. oben S. 226.
122 An der Totenkapelle zu Bafling am Iffinger in Tirol befindet sich eine
Darstellung, die möglicherweise auch zum Sonnendienst gehört; Atz, aa O, S. 68.