Deutsche Denkmälerforschung
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Im Jahre 1909 jährte sich jener Schlachttag um ein weiteres
Jahrhundert; nach Zangemeister am 2. August, indem die Deutschen
klüglich die Feier des Kaisersgeburtstags zu ihrem Angriffe be—
nutzten; der J. August war der Geburtstag des Augustus. „So lange
schon ist man beständig dabei, Deutschland zu besiegen“; tam diu
Germania vincitur, schrieb Tacitus ums Jahr 100 nach Christi und
konnte damit sogar schon meinen die Zeit etwa von Us vor Christi
ab bis zu der Tätigkeit Trajans am Rhein vom Jahre 98 nach
Christi. Tam diu! Es sind inzwischen 1900 Jahre verflossen und
was damals dem römischen Weltreich gegen die damals schätzungs—
weise zwei Millionen Deutsche nicht gelungen ist, ist nun wieder der
vereinigten ganzen Welt doch nicht so gelungen wie es gewünscht war.
Jene Jahrhundertfeier gab den Fachmännern Anlaß, das sehr
amfangreich gewordene Schrifttum über die Varusschlacht einmal
auf seine Ergebnisse zu überblicken. Vgl. u. a. E. Wilisch, Der Kampf
um das Schlachtfeld im Teutoburger Wald, in den Neuen Jahr—
büchern für das klassische Altertum usw. 1909. Da ergibt sich nun als
sicher nur so viel, daß die schriftliche Überlieferung eben schlechthin
aicht eine sichere Entscheidung erlaubt. Auch Friedrich Köpp, der als
Denkmälerforscher von Sonderfach und mit dem Sitz in Münster
besonders berufen ist zu einem Urteil in dieser Sache, kommt zu
gefühlsmäßigen Ausdruck gab; wie sehr er in diesem Augenblick durch uralte Zusammen—
hänge seines ererbten Bluts bestimmt war, als er derart seine innere Neigung zur
Sinnenkultur oder zu der rein auf Lebensgenuß und dementsprechend auf die best⸗
mögliche Ausbildung der kraftstofflichen Unterlagen des Lebens gerichteten Gesittungs-
forn des Mittelmeers und der Spätantike aussprach und damit auch zu der mate⸗
rialistischen Lebensform der alljüdifsch-allbritischen Sieger im Weltkrieg. — Carl Schuch-
hardt glaubt (Alteuropa s. 198) aus der sprachlichen Sonderstellung und aus dem
Zestand an Gefäßformen sowie aus sonstigen Catsachen der Denkmälerforschung fol⸗
gern zu können, daß die Etrusker ein Rest der alten Mittelmeervölker seien, der sich
im Gegensatz zu anderen Südländern gegenüber nordischen Einflüssen seine Selb—
tändigkeit bis späthin gewahrt habe. Diese Meinung würde nun von der allgemeinen
Geistesgeschichte unterstützt werden können; nämlich durch die Tatsache, daß die
etruskische Gesittungsform, wie die Denkmale und die römische Überlieferung beweisen,
in einseitigster Weise auf stofflich⸗sinnlichen Lebensgenuß gerichtet war; wie umgekehrt
etwa die makedonischen Lanzenkämpfer Alexanders eben durch ihre Denkart und ihre
Ehrbegriffe ihre nahe Beziehung zur nordischen Menschenform beweisen.
„Der deutsche Heldengeist muß erschlagen werden“, schrieb ein links gerichteter
Tagesfchriftsteller in der Schweiz. Man kann sich ja auch ungefähr denken, wie er
es meint; er glaubt, dann sei kein Krieg mehr möglich und daher notwendig all—
gemeiner Friede. Daß vielmehr die ausschließliche Richtung aller auf Lebenserhaltung
und Lebensgenuß zum unbedingten Vernichtungskrieg Aller gegen Alle führen muß,
daß die bloße Absicht auf den Lohn niemals ein menschliches Getriebe zusammen—
—
5. h. auf selbstlose Arbeit und auf Hingabe aufgebaut ist und nur durch diese errungen
werden konnte, das weiß der arme Teufel natürlich nicht; obwohl ein Blick auf die
antike Kultur es ihn lehren könnte, die nur wenige Jahrhunderte die „Ausrottung
der Besten“, der Helden, in den römischen Bürgerkriegen überlebt hat.