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Kreuz und Sonnenrad
Teil II 5. 210) fanden sich „in der Brustgegend zweier Gräber
zwei Schmuckkreuze von dünnem Bronzeblech; das eine als An—
hänger anzusehen, das andere vielleicht aufgenäht“. 126) Sie haben
genau die gewöhnliche Form neuzeitlicher Orden, also etwa der
Candwehrdienstauszeichnung J. Klasse oder des Roten Adlers; mit
gleich langen nach außen sich gradlinig verbreiternden (nicht wie
beim Eisernen Kreuz nach innen ausgebogenen) Kreuzarmen; in
der Mitte eine Kreisscheibe, deren
Viertelsrund je viermal zwischen
den Kreuzarmen hervortritt.
Der Fundbericht fügt hinzu, der
fränkische Friedhof möge bis in
das 6. oder 7. Jahrhundert gereicht
haben. Das Grab könnte also aller—
dings dann schon christlich sein.
Man findet in Langobarden⸗
gräbern sehr häufig und für sie
geradezu kennzeichnend bestimmte
Goldkreuze, die deshalb Cango—
bardenkreuze genannt werden;
eine größere Sammlung solcher
Cangobardenkreuze befindet sich im
Thermenmuseum in Rom. Diese
Kreuze reichen in die christliche Zeit hinein. Sie haben meist gleich—
lange Kreuzarme, zum Teil aber zeigen sie auch die gewöhnliche
lateinische Form des christlichen Kreuzes mit dem verlängerten
Stamm. 127)
Sind diese CLangobardenkreuze wirklich ursprünglich christlich?
Sind sie nicht ebenfalls eine Weiterbildung des alten Radkreuzes,
dem sich die christliche Lehre in Befolgung des Rats Gregor d. Gr.
anpaßte, um es ins christliche umzudeuten. Das römische Marter—
holz hat ja, wie schon erwähnt, gar nicht die Form des Kreuzes,
sondern die des Toder V gehabt. Wo die neuen Glaubensboten
die staatliche Gewalt hinter sich hatten, wie gegenüber den besiegten
Sachsen durch den SFranken Karl, konnten sie rücksichtsloser vor—
gehen. Wo das nicht der Fall war mußten sie sich mehr anpassen;
so gegenüber den durch Vertrag dem Frankenreich angeschlossenen
iee) Ahnliche Kreuze bei Lindenschmit, Handbuch der deutschen Altertums-
kunde, Tafel 22, Fig. 5'u. 7; ferner in der staatlichen Sammlung in Karlsruhe
aus Müngesheim, Amt Bretten.
i27) Ein Stück aus Andelfingen, Bezirksamt Riedlingen. in der Staatssammlung
in Stuttgart, Führer, S. 61.