Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Deutsche Denkmälerforschung 
tieferen Sindruck auf die Gemüter gemacht haben muß als jene ver— 
hältnismäßig minder bedeutsamen Umstände, von denen in den dort 
berichteten Fällen der Volksmund noch nach vielen Jahrhunderten 
einen wahrheitsgetreuen Bericht aufbewabhrt hat. 
Auch die Meinung, die das Schlachtfeld des Varus in die Gegend 
von Barenau und Bramsche verlegt, stützt sich auf Funde; nämlich auf 
die zahlreichen Münzen aus augusteischer Seit, die bei Barenau am 
großen Moor gefunden worden sind. 
Diese Meinung und ihre Begründung ist nun in diesem Zu⸗ 
sammenhang, nämlich für die Bedeutung fachmännischer Denkmäler⸗ 
kenntnis, besonders lehrreich. Denn hier hat zwar der Geschichts⸗ 
forscher einmal auf Denkmälerforschung aufgebaut. Aber die Be— 
autzung der vorhandenen „Kealaltertümer“ war nicht fachmännisch, 
archäologisch, genug. Die bisherige Vernachlässigung der Denk⸗ 
mälerforschung hat sich in diesem Falle gerächt. Theodor Mommsen 
dat aus den Barenauer Funden augusteischer Münzen zu rasch seine 
Schlüsse gezogen. H. Veltmann (vgl. E. Wilisch a. a. O. 5. 345) hat das 
nachgewiesen; insbesondere durch den Hinweis auf andere noch um⸗ 
fangreichere ähnliche Münzfunde, u. a. bei Ratibor in Oberschlesien, 
wo von einem römischen Heer nicht die Rede sein kann. Auf jeden 
Fall aber ist die Beweiskraft der Barenauer Münzfunde für die 
Varusfrage aufgehoben durch die westfälischen Münzfunde von 1907 
und 1909.8)9) 
Mommsen scheint sich die Ortlichkeit in Barenau nicht selber an— 
gesehen zu haben und erklärt es für „Kindertraum oder Kinder⸗ 
spiel“, nach Varuslagern zu suchen; er kann aber selber seine sehr 
scharf vorgetragene Meinung — er spricht von „orthodoren Varus⸗ 
) Vgl. Henke und Lehmann, Die neueren Forschungen über die Varus- 
schlacht. Gütersloh 19 10. 
o) Auf Wollin, an der vermutlichen Stelle der alten slavischen Handelsstadt Julin, 
vat man in Masse arabische Münzen gefunden. Das sei hier erwähnt, nicht in 
nmittelbarem Zusammenhang mit dem obigen Meinungskampf Veltmanns gegen 
Nommsen, sondern als ein weiteres Beispiel fuͤr die geschichtliche Unterlage von Sagen. 
Die Sage von der ins Meer versunkenen Handelsstadt Vineta enthält die geschichtliche 
Zrinnerung an die alte slavische Handelsstadt Julin und vielleicht damit verschmolzen 
die Erinnerung an die in noch erhaltenen Heldenliedern verherrlichten Kämpfe um 
die dort gelegene Jomsburg der Wikinger. Bewahrt der Zug der Brünhildsage von 
dem gläsernen Wall und dem Feuerzauber, der die Walküre umhegt, die geschichtliche 
Zrinnerung an die alten Stätten der Feuer- und Sonnenverehrung und an ihre durch 
Feuer zu Schlacke verhärteten Böschungen (Willy Pastor, Germanische Monumental⸗ 
kunst) ). Die Hetschburg, die Otterndurg in Chüringen sind an den Wällen ver—⸗ 
schlackt; vgl. G. Ebe, Der deutsche Cicerone, Archilektur Bd. J, 8. 7. Auf der 
Kegensburg⸗Salzburger Anthropologenversammlung von 1881 berichtete Schaaffhausen 
aüber verglaste Wälle in der Nahegegend und an anderen Orten; vgl. Bonner 
Jahrbücher Beft 72, 8. 178
	        
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