Heidenkirchlein
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wird Karl der Große als heilig verehrt. Das kam im Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts zu kirchenamtlicher Behandlung. Die Kirche erkennt ihn keineswegs
als Heiligen an; aber sie duldete seine Verehrung. In Plankstetten bei Biberach
wird eine sonst ganz unbekannte Volksheilige Gunthild als Fürbitterin bei Viehseuchen
verehrt. „Der Pfarrer von Plankstetten war vor fünfzig Jahren über die Heiligkeit
dieser Gunthildis im Unklaren und wandte sich in seinen Zweifeln an das bischöfliche
Generalvikariat in Eichstätt. Diese Amtsstelle ließ die Echtheit der Legende unent⸗
schieden und verbot das Messelesen, gestattete jedoch die Verehrung der Gunthild,
oweit eine solche bestand“ (Richard Andree, Votive und Weihegaben des kathol. Volks).
Auch die Glaubens⸗ und Gewissensüberzeugungen find durch das Blut bedingt
und vielleicht grade am meisten, weil sie den höchsten geistigen Auszug der Einzelseele
darstellen. Ein Neger, wenn er auch äußerlich zum Christentum bekehrt ist, hat
natürlich tatsächlich eine ganz andere Glaubensüberzeugung als ein christlicher
Bermane und es widerspricht dem nicht, daß die amtliche Lehre dort und hier die
gleiche ist. Der Gießener Theologe P. G. Drews — nicht zu verwechseln mit dem
Karlsruher Philosophen Drews — hat, wie oben schon einmal in ähnlichem Zu—⸗
sammenhang zu erwähnen war, in den hessischen Blättern für Volkskunde, Verlag
Teubner, herausgegeben früher von Strack & Helm, jetzt von Hepding, vor Jahren
einmal auf den großen Unterschied hingewiesen, der bei unserem Landvolk zwischen
den von der Kirche gelehrten Glaubenssätzen und den wirklich im Volke lebenden
Gewissensüberzeugungen und Glaubenshoffnungen bestehe.
Wer wirklich einen lebendigen Begriff von Glaubenskraft und ihrer Bedeutung
hat, kann nicht hoffen, man könne jemals die übersinnlichen Überzeugungen aller
Mitglieder einer Kirche oder einer Volksgemeinschaft von verschiedener Bildungsstufe
und unterschiedener Abstammung in die gleichen Formen bannen. Das wäre nur
möglich, wenn alle einzelnen Volksgenossen von gleichen Blutsanlagen und gleicher
sittlicher Begabung wären. Die Glaubensformen des Altertums wußten sehr wohl,
was sie taten, wenn sie in den Mysterien unterschieden zwischen dem, was sie der
Masse lehrten, und dem, was die Eingeweihten erfahren durften; zwischen einer
exoterischen uud einer esoterischen Form des Glaubens. Die katholische Kirche macht,
zwar nicht amtlich, aber in der tatsächlichen Übung, eine solche Unterscheidung.
„Die Religionen spiegeln ja nur Rassen wider und passen sich daher auch derem
Stande, vor allem auch dem Sinken derselben an“; Ludwig Schemaunn, Gobineaus
AE
Das selbsttätige Zurückkehren der ausgegrabenen und weg—
gebrachten Steine ist eine Wandergeschichte, die an vielen Orten von
heiligen Gegenständen erzählt wird. Aber der geschichtliche Kern
der Erzählung könnte der sein, daß dort wirklich alte Steinbilder
gefunden worden sind. Daß es gerade Schweine gewesen sind, die
sie aufgewühlt haben, kann wiederum auf ältere Beziehung dieser
Stätte zu Schweinen, als Opfertieren, Julebern, oder als Schutz—
befohlenen des Bauerngottes Donar, deuten; daß also diese Über—
lieferung echt ist, und nur der namengebende Schutzheilige gewechselt
hat. Wie an vielen Stellen in Italien und bei uns ein anderer
heiliger an die Stelle der römischen Pferdegöttin Epona getreten ist.
Der Schutzheilige hat gewechselt, aber die besondere Heilkraft des
Olatzes für Pferde ist geblieben. Zn Königsbach, Amt Durlach, ist
lJung, Germanische Götter und Hesden. n