Heidenkirchlein
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und wurde von der Kirche von jeher gefeiert. Diese Zeit war als die der Winter—
onnenwende dem Fro besonders heilig; er hielt daun seinen Umzug mit dem Eber“;
J. W. Wolf a. a. O. s. 117. Joh. Nep. Sepp, Frankfurt, das alte Askiburg,
5. 13: „Stephan der Protomartyr, ist an die Stelle des zuerst in den Tod hingegangenen
Lichtgottes Baldr (Sigurd) getreten. .... Die Stephanskirchen nehmen die Stätte
altdeutscher Heiligtümer ein“
In Oberwittichhausen im badischen Kreis Mosbach steht eine
Kapelle von achteckigem Grundriß,14) gebaut etwa an der Wende
des 12. zum 15. Jahrhundert. Von ihr erzählt die Überlieferung
ebenfalls, daß sie an der Stelle einer uralten heidnischen Kult—
stätte stehe. Diese Überlieferung wird hier noch unterstützt durch
eine Sage. Diese berichtet, daß die Kapelle, ebenso die gleich zu
besprechende verwandte Kapelle im nahen Grünsfeldhausen und
die — jetzt verschwundene — zu Gaurettersheim,!46) von Riesen
erbaut seien. Riesen deuten immer auf germanische, vorchristliche
Überlieferung; meist auf Donar und seine Kämpfe. Ein alter Mann
im nahen, eine halbe Stunde unterhalb gelegenen Grünsfeld er—
zählte mir von sich aus die Sage in noch bemerkenswerterer Form;
der Riese habe von der Höhe aus, auf der die Oberwittichhausener
Kapelle steht, seinen Hammer geschleudert; der sei weit davon
niedergefallen, im Tal bei Grünsfeldhausen: dort sei dann die
Achatiuskapelle gebaut worden.
Die Kapelle in Oberwittichhausen ist jetzt dem heiligen Siegis⸗
mund geweiht. Diese Weihung ist ziemlich selten. Der heilige
Siegismund ist ein etwas dunkler und heute kirchenamtlich nicht
mehr recht anerkannter, mindestens in der großen, approbierten,
oon Georg Ott bearbeiteten Cegende von den lieben Heiligen
Gottes, Verlag Pustet, Regensburg, nicht aufgeführter Heiliger.
Siegismund ward 516 König der Burgunder als Nachfolger seines
Daters Gundobad; er führte die Burgunder vom Arianertum zur
römischen Kirche und galt deshalb als Heiliger. Im übrigen war
er recht unheilig; er ließ seinen Sohn Sigirich auf Anstiften
seiner zweiten Frau ermorden. Vielleicht (nach Albert von Hof⸗
mann) ist dieser auf Anstiften einer Frau geschehene Mord
zines Burgunder Prinzen in das Nibelungenlied verwoben, in der
) Kunsidenkmäler des Großherzogtums Baden, Amtsbezirk Tauberbischofsheim.
1426) Im badischen Denkmälerwerk, an der eben angeführten Stelle, wird der
Hrt Gauwettersheim genannt; es muß heißen Gaurettersheim. — Ich gebrauche
den Ausdruck Denkmälerwerk als einheitliche Bezeichnung für die von den einzelnen
Bundesstaaten und selbst von den einzelnen preußischen Provinzen sehr verschieden
benannten, auch verschieden wertigen, im ganzen aber eine riesige Kulturleistung dar⸗
tellenden Aufnahmen des deutschen Kunsibefitzes. Karl Atz, Kunstgeschichte Tirols,
hat Recht, wenn er sagt, daß Deutschland und Italien die an Uunstdenfmaälern reichsten
Länder Europas seien.