Der Hain des Schwertgottes
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Tierhäupter; zumal aber an das Fest, in dessen Begehung der
heidenbekehrer Columban die Alemannen am Zürichsee begriffen
fand, wobei sie eine große Bierkufe in die Mitte gestellt hatten, um
ihrem Gott Wodan zu opfern.“11)
Bischof Burchhard von Worms führt in seiner Aufzählung heid—
nischer Gebräuche, die abgeschworen und mit Buße belegt werden
sollen, an der Wende des ersten nachchristlichen Jahrtausend noch
ausdrücklich an als einen solchen heidnischen Aberglauben: „Hast
Du Dich auf einer Ochsenhaut auf den Scheideweg gesetzt.“
Die Wurmlinger Kapelle bei Tübingen, auf der das eben ge—
schilderte Festmahl gefeiert wurde, ist dem hl. Remigius geweiht.
„Es ist auffallend, daß sich gerade in nächster Nähe noch mehrere
rein fränkische Titelheilige finden; wie der hl. Briccius, der Nach-—
folger des Martin von Cours, und der hl. Theoderich.“ 12) Zu
diesen fränkischen Heiligen im Alemannenlande gehört auch und
zwar als der erste und am häufigsten vertretene der eben schon er—
vähnte hl. Martin selbst. Das Christentum kam in diese aleman—
nischen Gegenden mit den fränkischen Eroberern; doch nicht so ge—
valtsam, wie später diese fränkischen Eroberer unter Karl dem
Hroßen den Sachsen das römische Kirchentum aufzwangen.
Schon allein die Lage der Wurmlinger Kapelle auf der steilen
höhe und weit entfernt von den Niederlassungen im Tale macht es
sehr wahrscheinlich, daß die Kirchenstiftung an eine ältere vorchrist—
liche Stelle des Gottesdienstes anknüpfte; daß die Vertreter des neuen
Glaubens das Kirchlein um deswillen gerade an dieser Stelle, so
schwer zu erreichen für die Umwohner, begründeten, um einen dort
chon eingebürgerten vorchristlichen Gottesdienst zu verdrängen. Sie
befolgten dabei nur jene weise, weltkluge und zugleich tief mensch—
liche Anweisung, die Papst Gregor der Große in dem Brief an Abt
Mellitus vom Jahre 601 gegeben hatte; man solle die heiligen
5tätten der zu bekehrenden Völker nicht zerstören, sondern deren
überlieferte Ehrfurcht für diese Stätten gerade benutzen, um den. an
dieser Stelle bestehenden Gottesdienst zu verchristlichen und den
wahren Gott an Stelle der Heidengötter zu setzen. Anders als beutige
ii) Vgl. Eduard Paulus, Die Kunst- und Altertumsdenkmale des Königreichs
Vürttemberg, Schwarzwaldkreis, S. 288 Über das Wurmlinger Festmahl val. auch
J. W. Wolff, Beiträge zur deutschen Mythologie, S. 49.
19) Albert v. Hofmann, Historischer Reisebegleiter für Deutschland, Bd. 3
5. 106. Diese ganz hervorragenden kleinen Bücher Albert v. Hofmanns, von denen
bis jetzt erschienen sind die Bändchen für Hessen, Baden, Elsaß-Lothringen, bayer.
Pfalz und Altbayern nebst bayer. Schwaben sind längst noch nicht nach Verdienst
bekaunt. Sie sollten in der Hand eines Jeden sein, der in jenen Gegenden wandert,
and vor allem in der Band aller Schüler der oberen Klassen höberer Lehranstalten.