Tieropfer
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verzehrten . . . daß das Lieblingspferd des Verstorbenen geschlach⸗
tet, das Haupt dem Gotte geweiht, das übrige aber dem Toten ins
GHrab mitgegeben wurde.“
Einen Hinweis auf Opfertiere sehen wir, wie gesagt, auch in
den Tierköpfen der Belsener Bildhauereien: Bei dem gleich zu er—
wähnenden Steinbild von Oberröblingen ist dies ja außer jedem
Zweifel, da die Opferhandlung selber deutlich dargestellt ist. Beim
Wurmlinger Festmahl werden, wie schon erwähnt, nach Beschaffen—
heit und Alter ganz genau bezeichnete Tiere in gemessener Weise
vorgeführt, dann geschlachtet und mit ebenfalls vorgeschriebenen
Getränken verspeist. Die Köpfe der Schlachttiere, die abgezogene
Haut spielen eine besondere Rolle. Daß die Tierhäupter von den
alten Germanen in bevorzugtem Maße zu Opfergaben benutzt wur⸗
den, wissen wir auch sonst aus vielfachen Nachrichten; insbesondere
aus einer berühmten Stelle des Tacitus, Annalen, Bch. 1, 61, und
aus den Briefen Gregors des Großen, in denen er die fränkische
Brünhilde ermahnt, den götzendienerischen Mißbrauch des Opfers
von Tierhäuptern zu verhindern (vgl. Ulrich Jahn, Die deutschen
Opfergebräuche, s. 29). Das Tierhaupt vertrat dabei ganze Tiere.
Das ist ja eine allgemeine, bei allen Völkern und zu allen Zeiten
auftretende Entwicklung, daß ein Teil oder Teilchen und schließlich
ein bloßes Bild die ursprüngliche tatsächliche Gabe vertreten muß;
als Opfergabe, als Beigabe für den Toten, beim Menschenopfer.
Jahn (am eben angeführten Ort) sieht in den Pferdeköpfen am
Dachgiebel, die „in Deutsch-Kärnten, Tirol, Graubünden, Altbavern,
im Böhmerwald, in Thüringen, Westfalen, Oldenburg, Braun—
schweig, im Westerwald, in der Mark Brandenburg, in Schleswig⸗
Holstein, Pommern, um Danzig und in Skandinavien“ vorkommen,
eine Erinnerung an das aufgehängte Haupt des Opfertiers. Jahn
glaubt sogar in dem Opfer der Rnochen und einzelnen Teile des
Tieres, das vielfach bezeugt ist, die Erinnerung an eine Sage aus
sehr alten vorchristlichen Zeiten zu sehen, die uns nur in der Edda
überliefert ist; daß nämlich der Gott die Knochen des verzehrten
Opfertiers in die abgezogene Haut wirft und in demselben Augen—
blick das Tier wieder frisch und munter wie zuvor dasteht.
„In die Johamisfeuer wurden ehemals Tierhäupter und
Knochen geworfen“ (Jahn 5. 40). „Das Opfer der Haut ist aller—
dings in unseren Sonnwendfeuerbräuchen nicht mehr enthalten; daß
aber auch das Fell der Gottheit dargebracht wurde, ersehen wir aus
dem in der Vita Barbati (Acta Sanctorum vom 19. Februar, 5. 139)
beschriebenen Opferfest der Cangobarden“ (Jahn a. a. O. 5. 42).
Nach Höfler (Bericht über einen Vortrag in der Münchener
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