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Die heraldische Lilie
Mecklenburg⸗Schwerin sind, letztere an der ganzen Bogenrundung,
mit freistehenden Lilien verziert (Abbildung bei Hans Much, Nord—
deutsche Backsteingotik).
Der noch vorgotische Taufstein in Altötting ist rings um die
Bauchung verziert mit wiederkehrenden Lilien in rundbogiger Um—
rahmung. Ein ganz ähnlicher steht in Burgkirchen am Wald, Be—
zirksamt Altötting; in Biburg bei Abensberg; in Grunau, UKreis
Weißenfels (Prov. Sachsen). In allen diesen Fällen wird man
behaupten können, die Lilie sei dabei reine Schmuckform. Aber
dieser Einwand ist meines Erachtens kaum mehr moglich gegenüber
dem Bogenfeld aus Bebenhausen, das ich vorstehend bringe oder
zegenüber einem romanischen Türsturz in Rodheim vor der Höhe,
Kreis Friedberg in der Wetterau; in Aue-Aylsdorf, Kreis Zeitz;
weitere Beispiele ließen sich in Menge bringen.
Im Bogenfeld einer elsässischen Kirche Meuweiler )) ist ein
Ureuz gemeißelt; auf dem oberen Rand des linken und rechten Kreuz⸗
arms sitzt je eine dreiflammige Kerze oder Lilie. Auch hier kann
kaum zweifelhaft sein, daß diefes Zeichen eine bestimmte Bedeutung
im kirchlichen Gedankenkreis haben soll. 164)
Und die Auffassung als bloße Zier ist einfach unmöglich gegen⸗
über dem Bogenfeld von Haubersbronn (siehe Abb. 80), das
oben in Zusammenhang gebracht wurde mit dem Bogenfeld von
Murrhardt, wo der christliche Priester den Heidenpriester und sein
Sonnensinnbild mit dem Weihwedel bannt, während das CLamm
die siegreiche Kreuzesfahne gegen ihn voranträgt; mit dem Bogen⸗
feld von Oberröblingen am See, wo in einer ganz genau ent—
prechenden Darstellung das Camm, unterstützt von dem hier nur
durch die segnende Hand angedeuteten Priester, mit der siegreichen
Ureuzesfahne, sich umblickend, ob die Herde ihm auch folgt, gegen
das hier durch das Hakenkreuz bezeichnete Heidentum vorgeht; mit
dem Bogenfeld von Eichel bei Wertheim, wo die dem Lamm feind⸗
lichen Mächte einfach durch ein Untier bezeichnet sind. Auf dem
Bogenfeld von Haubersbronn steht an dieser Stelle, wo also in
fester Überlieferung die unholden, heidnischen Mächte stehen, das
Zeichen der Kerze oder Lilie in seiner ganz feststehenden Form der
mittleren, aufrechten, etwas größeren Flamme oder Zunge und der
zwei nach links und rechts heruntergebogenen seitlichen Zungen
oder Blätter.
Das gibt uns nun einen deutlichen Fingerzeig, daß die Weihung
i09) Ich kann bei den derzeitigen Verhältnissen die Ortsangabe nicht genauer
machen. Das Bogenfeld ist besprochen von Eugen Müller oder von eobert Forrer
im Anzeiaer für elsässische Altertumskunde. Sept 190172.