Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Die heraldische Lilie 
oder sogar eins — so uralt sind und am tiefsten sitzen, wird 
auch der heutige Bestand gerade an dieser Stelle noch erstarrte 
rudimentäre) Formen urtümlicher Art aufweisen, die sich in den 
Tiefen der Volksseele, im sogen. niederen Volk, auch noch werden 
finden lassen.167) Das sogen. niedere Volk, das immer altertümlicher 
ist als das sogen. gebildete, wird sich durch die neueindringenden 
Glaubensformen, selbst wenn sie grundsätzlich alles umbenennen, 
seinen alten und liebgewordenen Bestand an metaphysischereligiösen 
Trostmitteln nicht so leicht rauben lassen. 168) 
„Das Mitgeben eines Fährgeldes für den in die Schattenwelt 
überfahrenden Charon hatte sich im Beginn des Christentums in 
Deutschland in eine Peterssteuer verwandelt, die vom Verstorbenen 
dem Torwart der Himmelspforte entrichtet werden mußte. Das 
fränkische Totenlager zu Selzen in Rheinhessen ergab Schädel, aus 
deren unterer Kinnlade Lindenschmit viermal Münzen entnahm, 
darunter eine mit der griechischen Christuschiffre in einem Palm- 
zweige. Der neuzeitlichen Kirche konnte die Fortdauer dieses Heiden⸗ 
brauchs kaum unbekannt geblieben sein, da sie selber fortfährt, die 
dem Sterbenden verabreichte Kommunion Wegzehrung und Viati— 
am) Und selbstverständlich im Kinde; dieses muß man zuerst beobachten, wenn 
man gemäß dem biognetischen Grundgesetz frühere Entwicklungsstufen als noch 
qgeute vorhanden aufsücht. „Wer rumpelt denn da so“, sagte mein vierjähriger 
Junge, als er zum erstenmal im Freien und deshalb ohne die Möglichkeit, sich das 
Beräusch von Menschen verursacht zu denken, den Donner hörte. „Da der Kultus 
des Donnergottes notwendig auf einem allerfrühesten Elementarkult beruht, so 
muß er aus diesem Grunde unter der Urbevölkerung Europas der verbreitelfie ge⸗ 
wesen sein; er findet sich daher bei Kelten, Germanen, Slawen, Finnen, Esthen und 
Lappen in solcher Uebereinstimmung, daß er noch bis in die heutigen Bräuche dieser 
onst so verschiedenartigen Volksrassen erkennbar hineinreicht.“ E. L. Rochholz, 
Deutscher Glaube und Brauch im Spiegel der heidnischen Vorzeit, 8. 28. 
nes) Es geht ja jedem so, wenn man ihm an das rührt, was den Kern seiner 
Bewissensüberzeugungen und Glaubenshoffnungen ausmacht. Ich las zur Zeit 
unseres äußersten Tiefstandes, im Sommer 1919, in einem kleinem Aufsatz über 
Hobineau, daß er sich, anders als es im jüdischen Zeitalter der Einstein usw. üblich 
ist, um das Schicksal seiner Bücher und seiner Gedanken, nachdem sie einmal geboren 
waren, gar nicht mehr gekümmert habe; darunter fand sich der Satz: er glauble wohl 
etwas zu fest an die selbsttätige Kraft der Gedanken und an den unausbleiblichen 
Zieg der Wahrheit. — Ich fühle jetzt noch, obwohl schon wieder etwas mutiger im 
Glauben, wie mich das damals niederschlug und zusammenriß. Sollte es denn wirklich 
wahr sein, daß die Lüge stärker ist als die Wahrheit, daß das Niederträchtige das 
Mächtige ist. — Jedenfalls aber, auch im günstigen Fall, sind die Ernteperioden der 
Heschichte, nämlich bis unsere Feinde ‚ernten werden, was sie gesäet haben durch 
haß und Lüge, so lange, daß, wenn wir Älteren auch noch im Elend sterben, wir damit 
doch noch lange nicht den endgültgen Beweis hätten, daß unser frommer Köhler⸗ 
glaube an „das sprachgeschichtlich dunkle⸗ Wort Gott, das in den nordischen Quellen 
noch als Neutrum erscheint, was es seiner sprachlichen Form nach ursprünglich nur 
sein kann (E. Mogk, Germanische Mythologie), das heißt an,das Gute“, 
ein Irrglaube war. Alfo werden wir trotz allem das Fähnlein mindestens so lange 
wir leben nicht von der Stange herunternebneu
	        
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