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Ausblicke
29. Ausblicke.
Aber einige Aufgaben der deutschen Geistesgeschichte.
Das Ausbreitungsgebiet der deutschen Lebensform.)
D Begrenztheit menschlichen Einzelvollbringens zwingt zur Ar—
beitsteilung. Aber man darf darüber nicht vergessen, daß diese
Fächerteilung oder das Spezialistentum, wie der Rembrandtdeutsche
Cangbehn) sagte, zwar für die Werkstatt, arbeitsfachlich, notwendig
ist; daß aber jedem außerhalb der Werkstatt, also jedem anderen
als dem engsten Fachmann, diese Erfordernisse der Arbeitstechnik
gleichgültig und eher störend sind; wenn er nämlich nicht die Arbeit
als solche miterleben und nachprüfen, sondern ein geistiges Ergebnis
von jener Gelehrtenarbeit haben und genießen will.
Die Fachwissenschaft der Denkmälerkunde oder Archäologie soll
von ihrem Sondergebiet aus Stoff und Einzeluntersuchungen liefern
für die großen Ziele der deutschen Geistesgeschichte; von diesem
Sondergebiet aus, das sie nun vermöge der vorgenommenen Arbeits—
teilung begreiflicherweise genauer ins Einzelne beherrscht, als es
dem Vertreter der Glaubensgeschichte, der Schrifttumsgeschichte,
der Rechtsgeschichte usw. möglich ist. Die besondere Schulung im
Sehen und die mögliche Übersicht über den Gesamtbestand der vor—
handenen Denkmäler soll der Vertreter der deutschen Denkmäler⸗
forschung voraus haben, um damit den Schwesterwissenschaften — oder
auch den vornehmeren, weil auf die größeren Fiele ausgehenden
Wissenschaften — dienen zu können. Der Archäologe seinerseits muß
sich, wie vielfach im Caufe dieses Buchs zutage trat, auf anderen
Sondergebieten, etwa in rein sprachgeschichtlichen Fragen, in schwie⸗
rigeren Fragen auf sprachlichem, rechtsgeschichtlichem Gebiet, in
Einzelheiten der Schrifttumsgeschichte, der staatlichen, Wirtschafts⸗
geschichte, Siedelungsgeschichte, der Glaubensgeschichte und Kirchen⸗
geschichte bei den betreffenden besonderen Fachmännern Rat er—
holen, wenn seine Aufgabe an den einzelnen Denkmälern ibn auf
solche Fragen führt.
Es sei noch einmal kurz durch ein Beispiel erläutert, was also
unter fachmännischer Denkmalskenntnis hier verstanden wird. Der
bekannte Dornauszieher des kapitolinischen Museums galt die längste
Zeit als ein altertümliches (archaisches Werk). Neuerdings wird er,
freilich noch nicht allgemein, nur für altertümelnd (archaisierend)
gehalten. Meines Erachtens ist diese letztere Ansicht zutreffend. Da
urkundliche Beweise fehlen, kann nur die Schulung des Blicks und