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sonderen germanischen Vorstellungen sich auf wenig sicherem Boden
bewegen.“
Ich glaube, man kann diese Erscheinung der Glaubensgeschichte
und Kunstgeschichte doch einigermaßen erklären; aus dem verschie—
denen RKulturziel oder der Unterschiedenheit der obersten Wertungen
der Mittelmeerkultur gegenüber denen der Nordseewelt, der ger—
nanischen Welt.
Sören Kierkegaard hat meines Wissens zuerst den großen
geistesgeschichtlichen Gesichtspunkt ausgesprochen, daß die antike
Kultur an erster Stelle eine Kultur der Sinne, eine ästhetische
Uultur, gewesen sei, während die nordische, germanische oder christ—
liche Gesittungsform eine Kultur der Gesinnung, eine ethisch ge—
richtete Kultur sei. Das wird unten noch etwas weiter zu verfolgen
versucht werden. Warum der Norden den furchtbaren Vorgang
der Kreuzigung als künstlerischen Gegenstand keineswegs scheute,
im Gegensatz zum anfänglichen Verhalten der Mittelmeerwelt gegen—
über diesem Vorwurf läßt sich dann aber vielleicht folgendermaßen
erklären.
Der Süden, oder die künstlerische Weltanschauung, muß natur—
zemäß Leben und Lebensgenuß höher und ausschließlicher be—
werten als dies eine vorwiegend ethisch gerichtete Weltanschauung
tun wird; deren Wesen besteht ja im Grund darin, daß ihr das
Festhalten gewisser Gesinnungswerte wichtiger scheint als das Leben:
daß dieses nicht der Güter höchstes ist.
Der nordische Mensch fürchtet den Cod nicht so wie der Süd—
länder und deshalb scheut er auch nicht seine Darstellung.
Diese geringere Scheu des Nordländers vor dem Tode fiel
der Mittelmeerwelt gleich bei ihrer ersten Begegnung mit dem
nordischen Menschen auf.
Cukan, gestorben 65 nach Christi, schreibt in seinen Pharsalien
Buch J Vers 430): 15)
.. . . . Die nördlichen Völker fürwahr sind
Glücklich in ihrem Wahn, da jener größte der Schrecken
Nicht sie bedrängt, die Furcht des Todes. So stürzen die Männer,
Mutia entgegen dem Stahl und sterben mit williger Seele.“
„Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis.“ Die Gattung, das
Volk lebt ewig; und jede Tat wirkt ewig weiter. Jeder Einzelne
ist nur ein Teilchen des Weltwillens, der durch die aufeinander—
folgenden Geschlechter hindurchströmt und der in den sich immer
erneuernden Einzelnen ewig leben kann. In der Bingabe an das
11s8) Bier angeführt nach Ernst Krause, Tuiskoland, S. 117.