zös
Ausblicke
Ganze, im Opfer des Lebens, durchschaut das Ich den Schleier der
Vereinzelung; wird es befreit von der Ichsucht, indem es deren
Beschränktheit erkennt.
Das sollte hier folgendes sagen: aller Kulturgeschichte liegt
ein bestimmtes Werten zugrunde, das nicht allgemein gültig, daher
auch nicht im strengen Sinne wissenschaftlich ist. Die drei eigent—
lich schöpferischen Gebiete der geistigen Betätigung
eines Volkes sind die Gestaltung von Recht und Staat, das
künstlerische Schaffen und die Form seiner Gewissens—
äberzeugungen und Glaubenshoffnungen. Diese drei
eigentlich schöpferischen Betätigungsfelder des Volksgeistes — denen
gegenüber die reine Wissenschaft als Erkenntnis der vorhandenen
Zusammenhänge schon geistig geringeren Ranges ist — dieses Neu—
schaffen geistiger Werte ist abhängig von gewissen triebhaften
und letztlich nicht verstandesmäßig erweisbaren UÜberzeugungen und
Willenszielen; von dem bestimmten Inhalt des Rechtsgewissens
eines Volkes; von seiner bestimmten Art künstlerische, d. h. von
Absichten freie Freude zu empfinden; und von seiner religiösen
Begabung oder seiner Fähigkeit, die über das Ich hinausgehenden
Zusammenhänge und die dauernden Wirkungen zu erkennen und
entsprechend zu handeln. Auch die besondere Form der Gewissens⸗
überzeugungen und Glaubenshoffnungen, für die ein Volk fähig
ist, also die Religionsform, liegen zu einem großen Teil im Blute
Dieterich Schäfer, Wie wurden wir ein Volk und wie können wir
es bleiben, s. 32).
„Auch ein religiöser Glaube erhält sein endgůltiges Gepräge
durch das Volkstum des Bekenners. Das gilt auch für das Christen⸗
tum; obwohl es eine Menschheitsreligion sein will und ist. Daß im
deutschen Christentum ein starkes Bedürfnis, die eigene Persönlich⸗
keit zu behaupten, lebendig bleibt, kann nicht verkennen, wer mit
dem deutschen Mittelalter auch nur einigermaßen vertraut ist.“ 176)
Das Verlangen nach einer deutschen Kulturgeschichte, einer deut—
schen Kunstwissenschaft, einer deutschen Rechts— oder Staats—
geschichte, ist also keineswegs eine Einseitigkeit oder Enge des Ge—
sichtskreises, sondern ist erfordert rein durch den Gegenstand der
Betrachtung selbst. Diese Sonderung enthält auch an sich noch nicht
die Behauptung, daß dieses deutsche Volkstum und seine Geistes—
betätigung einen Vorzug vor anderen habe: die besondere Betrach⸗
sv. Schröder, Vortrag 1906, nach dem Korrespbl. d. Centralp. d. Dtsch. Gesch.
und Altertumsvereine. Die Religion des arischen Urvolks, „jene wichtigste und vor⸗
nehmste Wurzel der Religion, aus welcher der Glaube an ein höchstes, gutes
Wesen entspringt, der Glaube an einen Gott, der da will, daß wir so oder so
handeln? kurzum einen Gott, dessen wesentlicher Sinn im moralifchen Gesek beftebte