Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Der Hain des Schwertgottes 
Karl Simrock, Deutsche Mythologie 5. 519). Denkbar ist freilich 
auch, daß der heimische Steinmetz im Herzen noch den alten Göttern 
anhing oder wenigstens noch Reste seines alten Glaubens in der 
furcht vor bestimmten Dämonen bewahrte und darum, gezwungener— 
weise heimlich und dann freilich notwendig in verhüllter Form, seine 
alten Götter mit der Anbringung ihrer FZeichen beschwichtigen wollte.20) 
Auch wenn wir, mit der üblichen Meinung, das Christentum 
etwa um 600 n. Chr. als die amtliche Glaubensform in Alemannien 
ansehen, ist seit dieser amtlichen Einführung des neuen Glaubens bis 
zu der Zeit, der die Schwertslocher Bildhauereien angehören, nicht 
viel mehr als ein halbes Jahrtausend verflossen. Das ist für glau— 
bensgeschichtliche Entwicklungen kein großer Seitraum, wenn man 
die ungeheure Kraft des Beharrens bedenkt, mit der die Gewissens— 
überzeugungen und Glanbenshoffnungen eines Volks, seine Ehr— 
furchtsform (religio), in der Volksseele haften. „Bei der Volksart der 
Alemannen ist kaum anzunehmen, daß sich ihre Bekehrung ganz im 
Frieden vollzogen habe. Es sind immer die besten Völker, die sich 
gegen Missionen wehren“ (Albert v. Hofmann, Politische Geschichte 
der Deutschen Bd. 15. 245). 
„Bei St. Matthias in Trier war eine antike Venus aufgestellt, 
die später auf dem Kirchhof in Ketten aufgehängt wurde“ (Heinrich 
Bergner, Handbuch der kirchlichen Kunstaltertümer s. 591); hier ist 
ja sehr deutlich, wie das gemeint war, nämlich daß die Abaöttin auf 
diese Weise unschädlich gemacht werden sollte. 
„Frau Venus, edle Jungfrau, fein, Ihr seid ein Teufelinne“, 
singt der Ritter Thannhäuser im alten Volkslied. Am Sebaldusgrab 
von Peter Fischer wird Frau Venus von Tod und Teufel bedrängt. 
Das Schicksal der Frau Venus in christlicher Zeit zeigt jene Ver— 
wandlungen besonders deutlich, indem sie teils zur Unholdin, Valan— 
din, teils zur Heiligen wird; wie Wodan zum Hackelberend und dä— 
monischen wilden Jäger wird, aber auch dem hl. Oswald Süge leiht; 
wie Donar zum bösartigen Wettererreger einerseits; aber anderer— 
seits die hl. Küummernis (Abschn. 10) nach R. A. Bernoulli, vgl. 
unten, und der Wettermacher Petrus durch die Erinnerung an Donar 
beeinflußt werden (vgl. unten Abschnitt 16, Petersberge). Venus 
Pelagia mußte sich freilich sehr verändern bei der Verwandlung in 
29) Kolb, Zwei Frobilder (7) in den württemberger Vierteljahrsheften, neue 
Folge, Nr. 12, 8.62: „Als Trophäe in die Außenseite der Kirche eingemauert“; 
Barthel Hanftmann, Hessische Holzbauten, S. 163: „durch Einmauern in griedhof- 
und Kirchenmauern zu bannen“; Friedrich Seesselberg, Die frühmittelalterliche 
scunst der germanischen Völker, glaubt in zwei Bildhauereien der Unterkirche zu Lund 
Spottbilder auf Thor und Freva zu erkennen.
	        
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