Der Untergang der alten Götter
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heilige Beziehungen grübelnde Cräumer in so schlichten Raum hinein—
geheimnissen konnten. Zwei Pfeiler: Gottesliebe und Nächstenliebe
tragen das Ceben des Christen. Drei Schiffe: die eine Gottheit offen⸗
bart sich in Vater, Sohn und hl. Geist. Vier Wände: alle menschliche
Weisheit ist in vier Evangelien beschlossen. Fünf Altäre: der Alte Bund
ruht auf fünf Büchern Moses“ (Hans Hildebrandt, Regensburg,
5. 22). Hier ist es doch außer jedem Zweifel, daß ein schweifendes
Mönchsgehirn diese Deutungen nachträglich in den Bau hineinge—
tragen hat und daß nicht etwa der Baumeister, der vier Wände
hrauchte, und zwei Pfeiler, von jenen Deutungen ausging. Und ent—
sprechend liegt es sicher mindestens bei der Mehrzahl der von J. A.
Endres beigebrachten Deutungen der Bildnereien am Schottentor.
Die Gestalt mit den Otterbälgen oder abgezogenen Fellen deutet
auch Endres einfach als eine Beziehung auf den Pelzhandel Re—
gensburgs nach dem Osten. Unter den vier Gestalten der mitt—
leren Reihe oben rechts findet sich eine, die Schlangen am Busen
nährt. Im Münchener Nationalmuseum stehen vier kleine ver—
zoldete erzene Sitzbilder; sie sammen aus dem Bamberger Dom und
werden dem Ende des 12. Jahrhunderts zugeschrieben (Führer durch
das bayer. Nationalmuseum 1913 5. 46). Sie sind durch lateinische
Inschriften deutlich als Darstellungen der vier Grundstoffe Feuer,
Wasser, Cuft und Erde bezeichnet. Die Erde, Terra, nährt eine
Schlange am Busen. Die Schlange, die nach der Volksmeinung von
Erde lebt, bezeichnet die Erde und dann auch die Unterirdischen,
die in der Erde leben wie die Schlange. Der Deutschrechtler Ernst
Mayer in Würzburg (der Ursprung der germanischen Gottesurteile,
in Seeligers Historischer Vierteljahrsschrift 1920) faßt Erdordal,
Wasserordal, Feuerordal so auf, daß damit „die Entscheidung der
großen Naturgewalten angerufen werde, das heißt jener Götter, die
älter und heiliger sind als die späteren heroischen Götter der Ger—
nanen und anderer Arier“. Die übersinnliche Bedeutung der vier
Elemente ist vorchristlich und kirchlich höchstens geduldet. Sie stehen
daher am Regensburger Jakobstor räumlich zwischen den christlichen
Darstellungen oben und dem Heidentum unten. Diese Anordnung
steht bildgeschichtlich durch Jahrhunderte fest. Am Sebaldusgrab
von Peter Fischer tritt sie noch deutlich hervor; dieses gehört freilich,
trotz seiner Zeit, 1307 -1519, und seiner äußeren Anklänge an
Renaissance, künstlerisch und geistig noch durchaus dem deutschen
Mittelalter und der Gotik an.
Auf einem elfenbeinernen Diptychon des Bamberger Dom—
schatzes, aus dem 10. oder U. Jahrhundert, findet sich auch eine
Gestalt mit der Schlange am Busen neben einem gehörnten Mann