Full text: Germanische Götter und Helden in christlicher Zeit

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Der Untergang der alten Götter 
gott Ziu dargestellt und der gefesselte Fenriswolf, der ihm den 
Arm abgebissen hat, als er sich gefesselt fühlte. 
„Fenris aber ist der Dämon, der den Mond zu verschlingen 
droht, und ihn, wenn er abnimmt und noch mehr bei Mondfinster— 
nissen, wenigstens zum Teil und auf Seit schon in seinem unge— 
heueren Rachen hat“ (H. Rückert, Kulturgeschichte des deutschen 
volkes in der Zeit des Übergangs vom Heidentum in das Christen— 
tum). Die Vorstellung von diesem Ungetüm war, wie das Stein⸗ 
bildnis in Berchtesgaden beweist, um diese Zeit noch im bayrischen 
Volke lebendig. Noch die Bußbücher Burchards von Worms vom 
Ende des ersten Jahrtausends nach Christus bedrohen ausdrück— 
lich mit Kirchenbußen den, der mit Geschrei dem Himmelslicht 
habe zu Hilfe kommen wollen. Noch Johannes Fischart spottet 
über diesen Aberglauben (Grimm, Mythologie, Bd. J, S. 203). 50 
lebendig war also damals noch diese vorchristliche Überlieferung. 
Man (Sranz Xaver Kraus) hat ganz allgemein gegen eine 
Deutung der Freisinger und Regensburger Bildnereien aus der 
germanischen Sage den Einwand erhoben, daß diese germanische 
und vorchristliche Überlieferung damals in der deutschen Bevölke⸗ 
rung nicht mehr so lebendig gewesen sein könne.s2) Dieser Einwand 
ist aber sicher unbegründet. Freilich mußten ihre heimlichen Anhänger 
die nichtchristliche Überlieferung versteckt halten, und selbst die Kirche, 
die diese Überlieferung verfolgte, nannte sie nicht gern öffentlich, 
sondern zog vor, sie zu verdecken und zu verkleiden, wo sie nicht 
chlechthin auszurotten war. Mindestens in späterer Seit, nach den 
Jahrhunderten der eigentlichen Heidenmission in Deutschland, zog 
sie dieses Verfahren vor. Aber immerhin eifern noch Trierer Kon⸗ 
zilien von 1230, 1810 und selbst noch von 1428 gegen heid nische 
Mißbräuche und heimlichen Götzendienst, der in der Quirinuskapelle 
zu CLuxemburg, einer den Externsteinen bei Horn ähnlichen Grotten— 
anlage, getrieben werde (s. Schädel, Das Mainzer Rad). 
Aber viel bedeutsamer als dieses immerhin vereinzelte bewußte 
Festhalten am Heidentum war das unbewußte Weiterwirken der 
oorchristlichen Götter⸗ und Heldensage in der Volksseele. Albert 
Hauck berichtet in seiner Kirchengeschichte Deutschlands (2. Teil, 
3. und 4. Aufl., 5. 784) von Brabanus Maurus, der im letzten 
hiertel des achten Jahrhunderts in Mainz, also in einer schon ver— 
hältnismäßig frühe christlich gewordenen Gegend, geboren war, 
folgendes. „Wenn er, der gelehrteste Theologe Deutschlands, Gott 
in der Bimmelsburg wohnen läßt, so entnahm er diesen Gedanken 
39 So jetzt wieder Julius Abele, Der Dom zu Freising, 1919, und G.Schnürer, 
die Kühnenis- und Vollo⸗Santobilder in der Schweiz; Freiburger Gesch.⸗Blttr. 1903.
	        
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