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Der Untergang der alten Götter
medizin und Aberglaube in Bayerns Gegenwart und Vergangen—
heit).
Gallus v. Clermont fand, wie Gregor v. Tours schreibt, am
Anfang des 6. Jahrhunderts in Köln, „daß das Volk Bildwerke
anbetete wie Gott, und wenn einen ein schmerzendes Leiden befiel,
so ließ er das betreffende Glied in Holz aushauen“ (Theodor Hän—
lein, Die Bekehrung der Germanen, 2. Teil, 5. 7).
„Machet keine Glieder aus Holz, um sie an den Kreuzwegen
oder an den Bäumen oder sonstwo anzubringen, denn sie können
euch ja doch keine Heilung verschaffen,“ sagt der heilige Pirmin in
seinem Auszug aus einzelnen kanonischen Büchern.
In Eichstätt an der Altmühl, dem alten Bischofsitz, der auch
heute noch diese Überlieferuiig in Denkmälern und Gesamtstimmung
so treu bewahrt, steht die Kirche der heiligen Walburg, einer
Nichte des heiligen Bonifazius. Die Kirche ist, trotz der uralten
Gründung, im wesentlichen ein Werk des 17. Jahrhunderts. Hinter
dem Hochaltar liegt das Grab der heiligen Walburg. Die Stirn—
wand des Grabes reicht in eine vertiefte aber offene Gruft hin—
unter und erstreckt sich der Höhe nach bis zur Decke der Rirche.
Diese ganze riesige Fläche ist mit Unmassen kleiner Weihebildchen,
nach Art der Marterln, und Weihegaben bedeckt; Beine; Arme;
Herzen; Augen, lang gestielt; Wickelkinder; Tiere aller Art, aus
Wachs, Eisen, selbst Silber. Sie stammen aus junger und jüngster Zeit.
Die heilige Walburg hat ihren Namenstag am 1. Mai. Die
Nacht zum J. Mai, der Walpurgis- oder Maiabend, ist im Volks—
aberglauben aber von altersher besonders hervorgehoben, als der
Beginn einer den zwölf Weihnächten der Wintersonnenwende ent—
sprechenden besonderen Weihezeit; ursprünglich wahrscheinlich die
hochzeit des höchsten Götterpaares Wodan und Freya; später mit
dem vordringenden Christentum, als die alten Götter zu Unholden
geworden waren, die Nacht der Hexenausfahrt auf den Brocken
und auf ihre sonstigen Tanzplätze; überhaupt eine Nacht, in der
die bösen Geister Gewalt haben.
Rudolf Reichhardt, Die deutschen Feste in Sitte und Brauch, S. 134;
J. B. Albers, Das Jahr und seine Feste, S. 2040 ff.; ebenda sS. 205: „Nur im
Elsaß und Deutsch⸗Lothringen hat sich der Maibaum erhalten, welche beiden Länder
nicht allein sprachlich, sondern auch, was Sitte und Gebräuche betrifft, vielfach auf
demjenigen Standpunkt stehen geblieben sind, den sie bei der Lostrennung von
Deutschland einnahmen.“
Diese Beobachtung über das Elsaß ist sehr richtig. Das Elsaß hatte, weil es
von Sitte, Sprache und Art deutsch ist, keinen Zusammenhang mit dem französischen
Leben. Von dem deutschen war es durch die staatliche Schranke getrennt. So mußte
es sich in sein Sonderleben zurückziehen. Es hat dadurch — alles das ist nur von